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UNiMUT aktuell -- Oktober 2001

ATTAC Rhein-Neckar (02.10.2001)

ATTAC, eine ursprünglich französische Gründung (das Akronym steht denn auch für Association pour une Taxation des Transactions financieères pour l'Aide aux Citoyens), entwickelt sich zunehmend zum Greenpeace unter den Anti-Globalismus-Initiativen -- viele der radikaleren Organisationen feinden ATTAC teilweise heftig an, die Öffentlichkeit aber verfolgt ihr Tun (relativ) aufmerksam und mit einiger Sympathie. Tatsächlich scheinen die Ziele von ATTAC, allen voran die Tobin-Steuer, weit realistischer als die Programme ihrer zumeist in Fundamentalopposition zum Kapitalismus an sich stehenden Gegner.

ATTAC ist also im Aufwind, und ein Symptom dafür ist die Gründung einer Regionalgruppe Rhein-Neckar, die nach einem Treffen am 20.9. im Karlstorbahnhof beschlossene Sache ist. Rund 40 Menschen, überwiegend aus kirchlichen und gewerkschaftlichen Zusammenhängen, hatten sich damals zusammengefunden und beraten, wie so ein ATTAC Rhein-Neckar aussehen könnte.

Als zentrale Themen einer Regionalgruppe kristallisierten sich damals Sozialabbau (vor allem Riester-Rente und Verwandte, aber ggf. durchaus auch Studiengebühren), die WTO-Fragen sowie die sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich heraus, (dankenswerterweise) jedoch nicht die Tobin-Steuer.

Wer an diesen Punkten arbeiten möchte und keinen Wert auf Bauanleitungen für Molotow-Cocktails legt, ist herzlich eingeladen, ATTAC Rhein-Neckar mitzugründen. Der Termin dazu ist der 4.10. (das ist dieser Donnerstag) um 19.30 im Emil-Julius-Gumbelraum im Karlstorbahnhof in Heidelberg.

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Rasterfahndung in Heidelberg? (05.10.2001)

Die für die hiesigen Zustände unmittelbarste Folge der Terroranschläge vom 11.9. war auch gleichzeitig die vorhersehbarste: Ein weiterer und beschleunigter Abbau des Schutzes persönlicher Daten und der Privatsphäre überhaupt. An den Unis hierzulande geht nun, zudem nach vermuteten Kontakten einiger der Attentäter zum AusländerInnenreferat der TU Hamburg-Harburg, die Rasterfahndung um. Hast du deine GEZ-Gebühren bezahlt, obwohl du schwarze Haare hast und studierst am Ende noch ein technisches Fach? Dann warte schon mal auf die netten Herren vom Staatsschutz (Anmerkung: Den Staatsschutz gibts wirklich -- so heißt eine Abteilung der Kriminalpolizei, und er hat mit dem als Geheimdienst behandelten Verfassungsschutz (hoffentlich) nichts zu tun).

Dass die Rasterfahndung ursprünglich zur Abwehr akuter Notsituationen erfunden wurde und keineswegs als präventive Maßnahme, interessiert in der gegenwärtigen Wagenburgstimmung nur wenige, und dass genau die, die jetzt unter die Raster kommen, die waren, die vor dem 11.9. die "nützlichen" AusländerInnen waren, erscheint allenfalls als böser Treppenwitz. Die meisten Universitäten haben die einschlägigen Daten wie von den Verfolgungsbehörden bestellt herausgegeben oder sind noch dabei, sie zu erfassen, auch wenn einige Rektoren (etwa die der TU und HU Berlin) sich dazu erst durch Gerichtsbeschluss zwingen ließen und sich bei den Betroffenen immerhin entschuldigten.

Widerstand regt sich allenfalls in einigen Studierendenvertretungen, die etwa eine "Resolution gegen Rassismus und Rasterfahndung" des Aachener Antifaprojekts unterzeichnet haben oder, wie jetzt in Münster, Menschen "arabischer" Herkunft (darunter fallen nach gegenwärtiger Erkenntnislage für die Behörden Afghanistan, Saudi-Arabien, Algerien, Lybien, Irak, Iran, Jordanien, Syrien, Ägypten, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate, Libanon, Jemen, Sudan sowie Pakistan) suchen, die mit dem dortigen AStA gegen die Rasterfahndung klagen wollen.

Dem UNiMUT liegen derzeit keine Informationen zu einschlägigen polizeilichen Umtrieben in Heidelberg vor. Wir freuen uns aber über sachdienliche Hinweise, die auf Wunsch auch vertraulich behandelt werden.

Es bleibt, mit jenem von der US-Waffenlobby allzu oft missbrauchten Franklin-Diktum zu schließen, das wir in den letzten Wochen in unserem Seitenkopf hatten: They that can give up essential liberty to obtain a little temporary safety deserve neither liberty nor safety.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 09.10.2001

Für Frieden und Gerechtigkeit? (09.10.2001)

[Image: Der Zeitungsleser]

Irak, Jugoslawien, Afghanistan: Geduldig sieht der Zeitungsleser seit vielen Jahren allen Friedenskundgebungen zu.

Nachdem am Sonntag US-Amerikanisches und Britisches Militär angefangen hat, etliche Afghanische Städte mit Brot und Bomben zu belegen und es wohl nur eine Frage der Zeit ist, bis auch "unsere Jungs" wieder Knöpfe aller Art drücken dürfen, fanden sich gestern auch in Heidelberg die üblichen Verdächtigen zusammen, um ihrem Unbehagen gegenüber dem Versuch, dem -- oder wenigstens einem -- Recht mit militärischen Mitteln Geltung zu verschaffen, Ausdruck zu verleihen.

Rund 40 Menschen versammelten sich unter recht allgemein gehaltenen Transparenten des Tenors "Gegen Gewalt, Terror und Krieg" für eine gute Stunde am "Zeitungsleser" (Ecke St. Anna-Gasse/Hauptstraße) und verlangten auf einem Flugblatt, dass die Konflikte ohne Krieg gelöst, die TäterInnen aber konsequent mit rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Klar natürlich, dass ein Einsatz der Bundeswehr so weit "out of area" abgelehnt wurde, auch die Eskalation der Inneren Sicherheit bereitete Sorge.

Auf der anderen Seite der Hauptstraße standen derweil einige Mitglieder der der Antideutschen Gruppe Eleutheria. Sie forderten einen Krieg gegen den Antisemitismus und begrüßten den von ihr unterstellten Versuch der USA, in Afghanistan ein bürgerliches Regime zu etablieren. Der Friedenskundgebung hingegen unterstellten sie völkische Motive, was angesichts etlicher NPD-Aktionen zum Thema immerhin nicht furchtbar fern liegt. Die Motive, die die Eleutheria-Leute den FriedensfreundInnen unterstellten, waren allerdings auf der anderen Straßenseite nur schwer zu belegen.

Ein weiterer Beitrag kam vom Deutschen Mennonitischen Friedenskommittee, das in einem Flugblatt eine Mitschrift einer "Pressekonferenz eines zornigen Gottes" verteilte. In dieser stellte Gott ("oder Allah, wie die islamische Tradition ihn nennt", so das Flugblatt) klar, dass er ja schon Moses unmißverständlich angewiesen hat, niemanden und schon gar nicht in seinem Namen umzubringen. Das Flugblatt schließt mit dem göttlichen Zitat: "Ach ja, falls auch das nicht klar sein sollte: Es ist nicht Mein Wille, dass jetzt in Afghanistan oder sonstwo als Reaktion auf New York Menschen getötet werden. Ich bin nicht bereit, Meinen Willen und Mein Gebot zu ändern: Du sollst nicht töten!"

Für Menschen, die die Meinungsvielfalt weiter bereichern wollen, hier noch ein paar einschlägige Termine der nächsten Zeit:

  • Do, 11.10., 19.30, Stadtbücherei: "Brennpunkt Afghanistan", Vortrag und Diskussion mit Matin Baraki von der Uni Marburg
  • Sa, 13.10., 10 Uhr, Hauptbahnhof Heidelberg: Abfahrt zur Großdemo nach Stuttgart (dort 12.30 Auftakt am Hauptbahnhof)
  • Mo, 15.10., 18 Uhr, Zeitungsleser St. Anna-Gasse: Neuauflage der Mahnwache von gestern.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 31.10.2001, 17.11.2001, 12.01.2003

Jeder Ali ist verdächtig! (10.10.2001)

Die Stuttgarter FaVeVe hat inzwischen genauere Informationen darüber, wie in Baden-Württemberg gerastert wird. Das BKA "begnügt" sich nämlich nicht nur mit den Daten unserer arabischen bzw. moslemischen KommilitonInnen [wie auch immer das erfasst wird...]! Seit Montag werden - zumindest an allen baden-württembergischen Universitäten - die Daten aller Studenten, deren Vornamen nicht eindeutig auf deutsche Staatsangehörigkeit schließen lassen, an das BKA gemeldet. Wer also zufälligerweise John, Thomas, Matthias oder Ali heißt, muss damit rechnen, demnächst unter der besonderer Fürsorge des Geheimdienstes zu stehen. Noch nicht geklärt ist, inwieweit auch die Studentenwerke und Krankenkassen Daten herausgeben müssen und ob auch Studentinnen im Visier der Fander stehen könnten.

Zumindest in Baden-Württemberg ist diese Aktion und alle in der Folge denkbaren Schritte durch Landesgesetz gedeckt. Da es sich um Terrorabwehr handelt, haben die Studierendenvertretungen nicht einmal in den Bundesländern, in denen es sie gibt, das Recht, zu erfahren (oder gar die Studierenden darüber zu informieren), wessen und welche Daten genau weitergeleitet werden und was damit geschieht. Die einzige Möglichkeit zu erfahren, was geschieht, dürfte darin bestehen, dass sich mögliche Betroffene an ihre Rektorate wenden. Jeder hat das Recht, zu erfahren, ob und welche Daten ans BKA weitergeleitet wurden. Hierfür genügt ein formloses Schreiben an das Rektorat der Hochschule. Letztere müsste dann in jedem Einzelfall beim BKA anfragen, ob Auskunft erteilt werden darf und den Studierenden anschließend entsprechend in Kenntnis setzen. Solange nicht zu viele Leute dies tun, haben sie sogar etwas Aussicht auf Erfolg dabei.

Nachtrag (11.10.01): Was eigentlich genau weitergeleitet wird, darüber wird offiziell natürlich nichts mitgeteilt, die Landesrektorenkonferenz hat nur in einer nichtssagenden Presseerklärung mitgeteilt, dass begabte Wissenschaftler und Studierende aus islamischen Staaten, die tolerant und weltoffen sind, heute genauso willkommen sind wie vor den Anschlägen und dass keine Polizeimannschaften in die Univerwaltungen marschieren, um die Studentenakten zu überprüfen. Womit fast sicher ist, dass die Akten definitiv geprüft werden (wenn auch nicht in der Univerwaltung), sonst hätte man ja klar und deutlich gesagt, sie würden nicht geprüft...

Nachtrag (11.10.2001): Aus Duisburg verlautete derweil, alle männlichen Studierenden würden rastergefahndet. Nicht nur deswegen unterstützt der dortige AStA zwei Studierenden bei einer Klage gegen den Datenrausch.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 16.10.2001

Von Gründen für Heidelberg und ungewohnten Tönen (16.10.2001)

Mit Spannung hatten wir gestern, am 15.1., die Rede von Prof. Hommelhoff, des seit diesem Semester amtierenden neuen Rektors, bei der Erstsemsterbegrüßung erwartet, stellt diese Rede doch auch ein Art Antrittsrede dar, zumal für diejenigen, die die Uni aus der Perspektive des ersten Semesters statt aus der der renommierten Forschung sehen.

In der Rede führte der Rektor nach einigen Standardgründen, nach Heidelberg zu kommen, die guten Ergebnissen der jeweiligen Fakultäten beim Ranking an; für 73% der AnfängerInnen sei überdies die Lehre wichtig -- und sie nähme man hier "sehr ernst". Wir, die Nicht-ErstsemesterInnen, horchen auf, denn allzu stark wurde dieser Eindruck in letzter Zeit (in einzelnen Fällen) nicht bestätigt.

Den zweithöchsten Anteil ausländischer Studierender habe mensch hier, sei unfanatisch und gewaltfrei, daran werde sich nichts ändern. Dies läßt sich bedenkenlos unterschreiben, dennoch darf die Frage gestellt werden, warum sich die Universität bislang in keinster Weise zur Rasterfahndung geäußert hat, wie andere Hochschulen das in durchaus kritischer Form getan haben. Toleranz und Anerkennung, so Hommelhoff weiter, seien wichtiger als das Erlernen von Kenntnissen und Fertigkeiten -- wieder eine wertvolle Äußerung.

Er kam zur akuten Wohnproblematik, das Studierendenwerk arbeite daran, damit niemand Heidelberg deswegen verlassen müsse. Zuletzt -- auch dies gut zu hören -- äußerte er die Hoffnung, die Studierenden könnten trotz fleißigen Studiums auch die Möglichkeiten der Stadt nutzen.

Ihm folgte Frau Prof. Leopold, Prorektorin für Lehre. Sie führte aus, es sei falsch, nur ÄgyptologInnen oder nur ZahmedizinerInnen auszubilden: Informatik sei vor Jahren noch ein Orchideenfach gewesen. Jede Fachwahl sei zunächst gut, und bei Problemen solle man nicht gleich aufgeben, sondern versuchen, das Studium so zu gestalten, daß es das werde, was man sich erträume. Sofern Prüfungsordnung nach dem Nürnberger-Trichter-Prinzip dies zulassen, möchte man zwischenrufen -- hier bleibt abzuwarten, ob in einigen Fällen das Rektorat sich trotz aller Harmonie einmal zum Eingreifen genötigt sieht.

Auch in diesem Licht muß für einige wohl der nächste Satz der Prorektorin gesehen werden: Ein Fachwechsel nach zwei Semestern bedeute keine verlorene Zeit, das bislang gerlernte könne später noch einmal nützlich sein. Dann wieder eine angenehme Überraschung: Sie forderte die ZuhörerInnen auf: "Engagieren Sie sich!" und nannte explizit auch die Selbstverwaltung. Das koste Zeit, aber brächte Erfahrung und Spaß. Das klingt gut, und im nächsten Rechenschaftsbericht des Rektors wird höchstwahrscheinlich auch dieser Aspekt der studentischen Aktivität einen größeren Platz erhalten. Im Falle von Problemen verwies sie auf die Studiendekane: sie seien "für Sie da", worauf sie alle Studiendekane vorstellte.

Den Reigen setzte Beate Weber fort. Sie ließ einfließen, sie wolle die Vorzüge der Stadt nicht zu stark in den Vordergrund stellen, sonst lege sie sich mit dem Rektor an. Sie dankte Frau Leopold für die Erwähnung der Selbstverwaltung und fügte an, auch in der Kommunalpolitik brauche man studentischen Sachverstand, politische Beteiligung sei erwünscht. Sie bat die Radfahrer um Rücksicht auf Fußgänger, ging kurz auf die Wirtschaftsstärke und die enge Verbindung zur Uni ein. Zum Punkt Studienfachwechsel pflichtete sie bei, leichte Umwege seien evtl. hilfreich.

Norbert brachte zuletzt in der FSK-Erstirede humorvoll die studentische Perspektive ins Spiel - so sollte beim Gang zum Studiendekan eine Kopie für die Studienkommission nicht fehlen, und Information über Deadlines und Fristen seien oft wichtiger als der Inhalt der einzureichenden Dokumente -- Information vor Wechsel, der ja auch ein Bundeslandwechsel sein könne.

Der neue Rektor hat die Ersti-Rede, anders als einige Male sein Vorgänger, selbst gehalten. Er hat damit, zumindest nach außen, Studierende wieder zur Chefsache gemacht. Seine Rede und die der Prorektorin können begrüßt werden -- auch um zu zeigen, dass mensch sie gehört hat. Und davon ausgeht, daß Taten folgen. Seien wir taktisch optimistisch.

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Preis der Freunde zu vergeben (18.10.2001)

Der "Verein der Freunde der Universität Heidelberg" verleiht den

"Preis der Freunde 2001"

an Initiativen von Studierenden. Er ist mit 5000 DM dotiert.

Die Kriterien sind:

  • Die Initiative muß schon vielversprechend laufen,
  • von Studierenden für Studierende organisiert werden und
  • sich auf die Universität Heidelberg beschränken.

Wenn eure Initiative diese Kriterien erfüllt, dann schickt bis zum 31.10.2001 eine Bewerbung mit Dokumentation (Entstehen, Organisation, Pläne etc.) an die
Geschäftsstelle des Vereins der Freunde, Hauptstr. 113, 69117 Heidelberg, Kennwort "Verein der Freunde"
oder legt die Unterlagen in der FSK, Lauerstraße 1, 2. OG, in das Fach "Verein der Freunde".

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Anmerkung der Redaktion: Einen Überblick über die Geschichte des Preises der Freunde kriegt mensch beispielsweise mit einer Suche nach "Preis der Freunde" auf unserer Suchmaschine.

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Termine fürs Wintersemester (24.10.2001)

Für Leute, die noch ein bisschen Luft im Studenplan haben -- die UNiMUT-Redaktion rät übrigens dazu, sich da ein bisschen Luft zu lassen, immerhin will mensch ja eigentlich keins der 13 oder 14 Semester entgehen lassen, die mensch hier zu Lande noch geschenkt bekommt: Hier die Termine der Katholischen Studierendengemeinde und die von Grupal fürs Wintersemester (beide nicht allzu hübsch -- liebe VeranstalterInnen, wenn ihr eure Programme schön hier drin haben wollt, schickt uns HTML und jedenfalls kein hoffnungslos zerformatiertes MS Word).

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Wachwechsel im Talar - Jahresfeier am 20.10.01 (25.10.2001)

Am 20.Oktober um 10.30 beging die Unispitze wieder einmal die "traditionelle Jahresfeier" der Uni Heidelberg. Die Aula war so gut wie voll, was sicher auch damit zusammenhing, dass das Uniorchester dieses Jahr wohl vollständig Stellung bezogen hatte, inklusive Harfen und Celli, um die Inauguration des neuen Admiralsstabes gebührend zu feiern.

Die Führungsspitze, DekanInnen und Rektorat, eröffnete die Veranstaltung mit ihrem feierlichen Einzug, zur Freude vieler Anwesender mit eigens neu angefertigten Talaren angetan. Die Amtsketten hingegen hatte man auch früher schon getragen.

Nachdem das Orchester schwungvoll mit Glinkas Ouvertüre zu "Russlan und Ludmilla" begonnen hatte, folgte das weniger entspannende Array der Festreden, eingeleitet von Prorektor Horner, dessen Aufgabe sich auf das Begrüßen der wichtigeren Gäste beschränkte: In erster Linie Geldgeber der Universität, Honoratioren aus der Politik, Überraschungsgast Gadamer und Rektoren von Partnerhochschulen -- neu war die Erwähnung der zahlenmäßig am geringsten vertretenen Studierenden erwähnt.

Die erste, so sie das Prädikat denn verdient, inhaltliche Rede dufte Minister Frankenberg halten. In ihr lobte er nach einleitenden Uni-Reform-und-der-Zukunft-zugewandt-Passagen den "Solidarpakt" als Hort der Sicherheit für die Hochschulen. Wen wundert es, erinnert man sich daran, dass Frankenstein sich - damals noch Rektor in Mannheim - durch das Durchsetzen des Solidarpakts sein Ticket in den Ministersessel verdiente. Dass er inzwischen ganz in der Parteipolitik angekommen ist, bewies er, als seine eher dröge Rede auf das Niveau mittelmäßig-peinlicher Wahlkampfreden absackte und er den Anwesenden versprach, die CDU-Fraktion werde für sie kämpfen -- und zwar bei der Abschaffung der ZVS und bei der Ablehnung der Dienstrechtsreform der Bundesregierung.

Wie bei seinem Amtsvorgänger Trotha, der unter den Festgästen weilte, war die Rede etwas zusammenhanglos mit launigen Zitaten, u.a. von Goethe und Ebner-Eschenbach angereichert, deren intendierte Aussagen der Frankenbergs Redenschreiber ganz offenbar des öfteren entweder nicht kannte oder jedenfalls fröhlich ignorierte. Richtig schlimm wurde es aber, das sei zugestanden, erst mit dem Zitatedoppel am Ende. Und da war die Rede des obersten Wissenschaftlers im Lande ja auch schon vorbei.

Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz (LRK), Rektor Jäger aus Freiburg, relativierte in seiner anschließenden Rede seinen Dienstherren in einigen Punkten ein wenig. Jäger wies zum Beispiel darauf hin, dass der Solidarpakt auch umfangreiche Streichungen beinhaltet (beinhaltet? Der Solidarpakt besteht *nur* aus Streichungen!, d.S.), ja bereits zur Streichung einiger Fächer geführt hat und aller Voraussicht auch weiter noch führen wird. In puncto ZVS war man sich dagegen wieder einig - wie auch mit fast allen folgenden Vortragenden. Die ZVS, so ihr Tenor, steht per definitionem dem ersehnten Selbstauswahlrecht der Hochschulen entgegen, einem der "Must-Have" der derzeitigen angelsächsischen Hochschulmode.

Zur Rede des Vorsitzenden des Unirats, Cartellieri, fiel einem der Gäste beim Empfang nach der Feier nur der Terminus "Betonphrasen" ein, wiederholte er in seiner Rede doch lediglich die Standardsätze vom letzten Jahr, vielleicht hier und dort durch vorsichtige syntaktische Aktualisierungen variiert. Eine Theorie besagt, daß die Deutsche Bank über eine Software zum Redenschreiben verfügt, die mit verschiedener Permutation Schlagwörter und Anglizismen aneinanderhängt.

Unser studentisches Grußwort sollte anlässlich des Wachwechsels im Rektorat die studentische Position zur Hochschulreform allgemein und an der Uni Heidelberg im Speziellen zum Ausdruck bringen. Speziell wandte es sich gegen die Umorientierung auf Modefächer, gegen die einseitige Ausrichtung auf neue Abschlüsse (vor allem solche aus Angelsachsien) und plädierte für die Weiterentwicklung der bestehenden Substanz. Diese Ansichten wurden -- geht man vom Applaus aus -- von überraschend vielen Anwesenden geteilt. Allein bleibt abzuwarten, ob sich diese Sympathie auch bei konkreten Entscheidungen zeigen wird...

Altrektor Siebke sah sich in seiner folgenden Rede immerhin veranlasst, an einigen Stellen spontan auf diese Rede einzugehen, bedankte sich gar für "nützliche" Gespräche mit den Studierenden. Allerdings vertrat er insgesamt auch Vieles, das die Studierenden vehement ablehnten -- ein kurzer Hinweis auf Studiengebühren soll hier genügen.

Prof. Mußgnug, als dienstältestes Senatsmitglied, bedankte sich für den Senat (ohne dies jedoch dort abgesprochen zu haben...) bei Prof. Siebke für die vier Jahre der Zusammenarbeit. Er kündigte Frau Hommelhoff an, sie werde mit ihrem Mann und der Uni nun eine Dreierbeziehung führen müssen und dankte Frau Siebke dafür, dass sie dies auf sich genommen habe. Ob das gutgeht? Seht selbst - auf der nächsten Jahresfeier!

Es folgte die Vereidigung des neuen Rektors, und zwar (zurück in die Zukunft!, d.S.) auf Latein. Der alte Rektor las die Eidesformel und bemühte sich hierbei, den Text in einigermaßen korrekter Betonung abzulesen; der neue Rektor betonte seine weitaus kürzere Passage zwar wesentlich besser, vergaß aber das "promitto" der Eidesformel. Das fiel aber niemandem groß auf, denn um den Text ging es nicht - das Hauptaugenmerk der Inszenierung lag auf der Kettenübergabe und der Verkleidung der Agierenden in den neuen Talaren.

Als letzter inhalticher Akt folgte der letzte Fachvortrag des neuen Rektors vor seinem Amtsantritt, ein gut verständlicher Vortrag über Unternehmensrecht in Europa und seine Schlupflöcher, für den UNiMUT vielleicht insgesamt zu trocken, aber allemal gut für eine Presseerklärung aus dem Hause Schwarz.

Das Collegium Musicum schloss die Veranstaltung schwungvoll royalistisch mit Elgars "Pomp and Circumstance". Mensch mag hoffen, dass es Hommelhoff mehr Glück bringt als der SPD, die 1994 im Bundestagswahlkampf beim Versuch, sich der glitzernden Töne zu bedienen, ziemlich auf die Nase gefallen ist.

Nun beginnt das Alltagsgeschäft: ohne Talare, ohne Latein, ohne Ketten - und vielleicht sogar mit guten Resultaten.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 22.10.2002, 16.07.2003

Naziaufmarsch in Heidelberg? (25.10.2001)

Für den kommenden Samstag (das ist der 27.10.) rufen die "Jungen Nationaldemokraten", die Jugendorganistation der NPD, zu einem Aufmarsch in Heidelberg auf, ganz im Trend der Zeit unter dem Motto "Globalisierung stoppten, stoppt die Weltmacht USA".

Bisher hat sich Heidelberg für Nazis als schwieriges Pflaster erwiesen -- während praktisch alle anderen Städte der Region schon Opfer der wirklich erschreckend an Zeitdokumente der frühen 30er Jahre erinnernden "Demonstrationen" der kurzgeschorenen Faschisten waren, hatten sie hier, trotz allen Burschenvorfelds, schon seit Jahrzehnten kein Glück mehr. Ihr letzter Versuch dieser Art aus dem Jahr 1998 schien ihnen wohl schon vor dessen Anfang so aussichtslos, dass sie am Ende nicht mal mit dem Marschieren anfingen.

Nun also die nächste Runde. Glücklicherweise ist die Stadt Heidelberg noch nicht ganz am Relativieren, so dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Gegendemo genehmigt ist, die Nazidemo jedoch nicht. Ob das bis Samstag so bleibt, ist jedoch unklar, da die JN den Rechtsweg auszuschöpfen versuchen. Ob aber der Aufmarsch verboten bleibt oder nicht, wichtig bleibt, die Gegendemo nicht verfizzeln zu lassen -- sicher ist, dass die Nazis zusehen, und aus der Größe der Gegendemo werden sie sich die Chancen fürs nächste Mal berechnen.

Deshalb: Kommt zur Anti-Nazi-Demo am 27.10. um 10.30 Uhr am Uniplatz. Ab 12.30 Uhr werden dann an verschiedenen Stellen Kundgebungen stattfinden. Es kann als wahrscheinlich gelten, dass Menschen versuchen werden, den Aufmarsch auch dann zu verhindern, wenn er schließlich doch noch genehmigt werden wird -- dass das klappen kann, konnte mensch am 1. Mai in Mannheim sehen. Der Brennpunkt dieser Sorte von Aktion dürfte wohl der Bahnhof werden, da Gerüchte im Augenblick wissen wollen, dass die Polizei die Nazis so oder so nicht weit aus der Bahnhofsgegend weglaufen lassen will.

Nachtrag (26.10.2001): Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Verbotsverfügung der Stadt aufgehoben -- damit ist der aktuelle Stand, dass die Nazis marschieren dürfen und das wohl auch tun werden, wenn sich ihnen niemand in den Weg stellt. OB Beate Weber hat indirekt dazu aufgerufen: "Ich bedaure zutiefst, dass das Gericht meine Entscheidung aufgehoben hat. Heidelberg sollte mit diesem Verbot aller Welt zeigen, dass in unserer Stadt kein Platz für rechtsradikale Aufmärsche ist". Das "in den Weg stellen" dürfte allerdings einige Kreativität erfordern -- alle genehmigten Gegenkundgebungen finden ein ganzes Stück vom Hauptbahnhof entfernt statt, während es sehr wahrscheinlich erscheint, dass die Nazis eine Art polizeiliche Sperrzone im westlichen Bergheim (also rund um den Bahnhof) nicht verlassen werden. Die dort ansässigen Heidelberger Druckmaschinen haben ihren Beschäftigten nahegelegt, diesen Samstag nicht zur Arbeit zu kommen...

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 27.10.2001

Nazi-Aufmarsch in Heidelberg verhindert

Braucht man noch Nazis im dritten Jahrtausend? (27.10.2001)

[Image: Der Pink-Silver-Block][Image: Sitzblockade und Nazis vorm Bahnhof]

Links: Der Pink-Silberne Block vermittelte einen Hauch von Seattle, kam aber nicht wirklich bis zu den Nazis durch -- Rechts: Die Nazis marschierten nicht. Hinter Sitzblockade und viel Polizei waren nur ein paar Fahnen zu sehen.

Der angekündigte Nazi-Aufmarsch in Heidelberg ist ausgefallen -- die Jungen Nationaldemokraten kamen zwar in Heidelberg an, aber nur bis auf den Bahnhofsvorplatz.

Schon die Auftaktkundgebung der Antifa am Uniplatz lockte trotz der für die Klientel vermutlich recht frühen Stunde (10.30 Uhr) fast 800 Menschen. Mit etwas -- für die Gewerkschaftskundgebung am gleichen Ort zweifellos ungünstiger -- Verspätung wandelte sich die Kundgebung gegen Viertel vor Zwölf in eine Demo Richtung Bauhaus. Einige gewitztere StreiterInnen setzten sich schon frühzeitig vom Pulk ab, um einzeln oder in kleineren Gruppen zum Bahnhof zu diffundieren; sie konnten die kahlgeschorenen jungen Herren samt einiger typischerweise eher anständig zurechtgemachter junger Damen noch unbehindert bestaunen.

Wenig später, als der Demonstrationszug, statt wie mit der Polizei verabredet auf den Bauhaus-Parkplatz abzubiegen, einfach weiter auf den Bahnhof zumarschierte, umringte ein Polizeikordon den selbst erkorenen "nationalen Widerstand", so dass nur noch ein paar Fahnen oben rausschauten. Nach einer etwas verworrenen Situation, in der der Hauptpulk der Demo am Busbahnhof von Polizeiketten gestoppt wurde, versuchte die Polizei einen Weg zum Platz vor der alten Hauptpost -- wo die Nazis gern etwas Lärm gemacht hätten -- freizuräumen, was ihr auch halbwegs gelang. Inzwischen waren aber genug Antifas auf Schleichwegen auf den Bahnhofsvorplatz gelangt, um eine effektive Sitzblockade zu bilden, als die Polizei den Nazis den Weg bahnen wollte.

Offenbar passten die Antifas der reichlich vorhandenen Bereitschaftspolizei heute mal ganz gut in den Kram, denn der eigentlich absehbare Knüppeleinsatz blieb aus, die Sitzblockade blieb im Weg, und gegen 14 Uhr sahen die Nazis ein, dass ihnen der Weg nach Heidelberg immer noch versperrt ist. "Hier marschiert der nationale Widerstand," wird von Aufmärschen dieser Art gern skandiert -- heute nicht. Es gab nichts zu skandieren, und, um eines der Feindbilder der kahlen Herren zu zitieren, das ist auch gut so.

[Dank an C.R.F.P.S. für den Titel]

Nachtrag (30.10.2001): Dem UNiMUT entging völlig, dass die Polizei nach dem Abzug der Nazis (die anschließend übrigens Ludwigshafen heimsuchten) offenbar ziemlich unmotiviert ihr Mütchen kühlen wollte und etliche AntifaschistInnen krankenhausreif prügelte. Diesen Mangel mag eine Presseerklärung der AIHD ausgleichen.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 05.12.2001, 15.04.2003

Mörderische Technologiefolgen (28.10.2001)

[Image: Ein Bild der Ausstellung: KZ-Häftlinge schleppen Raketenteile]

Noch bis zum 2.12. ist im Dokumentations- und Kulturzentrum deutscher Sinti und Roma eine Ausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora zu sehen. In dem ausgedehnten Tunnelsystem dieses KZs bauten insgesamt 60000 KZ-Häftlinge in den Jahren 1944 und 1945 die Vergeltungswaffen der deutschen Wehrmacht. 20000 Menschen wurden in den Stollen "durch Arbeit vernichtet", die auf die Evakuierung des Lagers folgenden Hungermärsche forderten einen weiteren hohen Blutzoll.

Geistiger Vater dieser Mordmaschinerie, und das sollten wir an der Universität nie vergessen, waren Forscher, Ingenieure, Wissenschaftler -- die Wehrmachtsraketen wurden von einem Team um Wernher von Braun, dem späteren Spiritus Rector der Mondlandung, ersonnen. "Innovativ" wie das Projekt war, müssen die Produktionsmethoden größtenteils von den Entwicklern selbst vorgeschrieben worden sein. Die Arbeitsschritte, die da vernichteten, kamen sozusagen direkt aus der Wissenschaft.

In eindrücklichen Bildern von Künstlern, die Mittelbau Dora überlebt haben, sowie durch einige gut ausgewähle Zeugnisse von Häftlingen, offziellen Dokumenten und Fotos zeichnet die Ausstellung ein bedrückendes Bild des Lagers. Ergänzt werden die Exponate durch Stellwände mit redaktioneller Information. Der so erzeugte Kontrast zwischen -- nicht immer angestaubt wirkender -- Hi-Tech und der Barbarei von Massenhinrichtungen mittels elektrischer Kräne, von Folter der ausgemergelten Gestalten am Appellplatz, von offen sadistischen Quälereien durch SS und Kapos wirft die Frage auf, ob hier wirklich von Kontrast gesprochen werden sollte.

Etwas traurig mag dabei stimmen, dass die beiden RedakteurInnen des UNiMUT, die die Ausstellung besuchten, an einem Sonntagnachmittag den Raum im Keller des Dokumentationszentrums für sich allein hatten. Die Auseinandersetzung mit diesem Kapitel deutscher Technikgeschichte sollte eigentlich für alle, besonders aber für Studierende technischer oder naturwissenschaftlicher Fächer, auf dem privaten Lehrplan stehen -- denn der normale Lehrplan kennt dieses Thema nicht. Geöffnet ist die Ausstellung Mittwochs bis Freitags von 10 bis 16.30 Uhr, am Wochenende von 11 bis 16 Uhr und Dienstags von 10 bis 20 Uhr in der Bremeneckgasse 2, gleich bei der Talstation der Bergbahn. Der Eintritt ist übrigens frei.

Ausstellungsbegleitend finden noch zwei Veranstaltungen statt. Am Donnerstag, 8.11., spricht Rainer Eisfeld um 19.30 Uhr über "Terror und Technischer Fortschritt", und am Dienstag, 20.11., wird der ehemalige Mittelbau-Insasse Franz Rosenbach wieder um 19.30 Uhr seine Erfahrungen in einem Vortrag mit dem Titel "Vernichtung durch Arbeit" weitergeben. Der Eintritt ist auch hier frei.

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Der 11.9. in Heidelberg und Bethlehem (31.10.2001)

Die Anschläge vom 11. September werfen immer noch lange Schatten in die Politik -- auch hier in der Region. Nach wie vor treffen sich immer Montags um 18 Uhr BürgerInnen, die gegen wahllose Vergeltung im Allgemeinen und gegen Vergeltung durch die Bundeswehr im Speziellen sind, zu einer Mahnwache am Zeitungsleser in der St. Anna-Gasse.

Am nächsten Samstag wird mit einem ähnlichen Fokus eine Demonstration unter dem Motto "Krieg ist immer Terror" stattfinden. Der Zug soll sich am 3.11. um 13 Uhr am Bismarckplatz formieren. Weitere Informationen sind beim Antikriegsforum Heidelberg zu finden.

Über zwei Monate nach den Ereignissen will sich nun auch das Rektorat um einen quasi akademischen Standpunkt bemühen und versammelt dazu am Samstag, den 17.11. um 17 Uhr im Hörsaal 1 der Heuscheuer VertreterInnen von US-amerikanischer Geschichte, Islamwissenschaften, Politik, Jura und Soziologie sowie Leute des AAA, des Ausländerrats und der Polizei zu einer Podiumsdiskussion.

Wie der 11.9. schließlich bei den BewohnerInnen von Bethlehem ankam, hat uns ein ehemaliger Mitarbeiter des UNiMUT, der schon seit einiger Zeit dort arbeitet, in einem Offenen Brief an Minister Fischer mitgeteilt.

Nachtrag (8.11.2001): Auch wenn es nicht direkt hierher gehört, empfehlen wir Zeitgenossen, die wirklich Angst vor allerlei bösen Terror-Attacken mit Gas und Bakterien haben die Lektüre dieses Artikels; auch wenn die Risikoabschätzung nicht immer ganz akkurat sein mag, stimmt die Größenordnung doch erheblich besser als bei vielen, was im Augenblick veröffentlicht wird.

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Wieder Demo beim Neuphil-Fakultätsrat (31.10.2001)

[Image: Portugiesischstudierende kämpfen]

Heute tagte wieder einmal der Fakultätsrat der Neuphilologischen Fakultät -- und wie schon einmal im Sommersemester mussten die Damen und Herren Professoren an demonstrierenden Studierenden vorbei. Der Grund: Die Besetzung der Portugiesischprofessur am Institut für Übersetzen und Dolmetschen (IÜD) stand auf der Tagesordnung.

Bereits im Juli diesen Jahres hatte der Fakultätsrat einstimmig beschlossen, diese Professur nach über fünfjähriger Vertretungszeit unverzüglich wiederzubesetzen. Qualifizierte BewerberInnen sind vorhanden, eine Berufungsliste war im Fakultätsrat - ebenfalls einstimmig - verabschiedet worden.

Jedoch: So funktioniert Demokratie an der Uni nicht, und so trug Anfang August das alte Rektorat, namentlich die ehemalige Prorektorin für Forschung und Lehre, Susanne Weigelin-Schwiedrzik (deren erster Auftritt im UNiMUT auch schon nicht so ruhmvoll war), unter kaltschnäuziger Missachtung des Votums des Fakultätsrats dem Stuttgarter Ministerium den Wunsch vor, die Portugiesisch-Professur nicht wiederzubesetzen oder sie an ein anderes Seminar zu verschieben.

Dies würde das Ende der Dolmetsch- und Übersetzungsausbildung im Braslianisch/Portugiesischen in Heidelberg bedeuten. Und das, obwohl Heidelberg einer von insgesamt drei Orten in Europa ist, an dem der hochbegehrte Diplom-Dolmetsch-Abschluss in Portugiesisch/Brasilianisch erworben werden (sonst in Europa nur noch in Paris und Genf).

Nach dem Ministeriumsgespräch und weiteren Beratungen teilte das Rektorat der Fakultät am 21.9.01 schriftlich mit, dass es die Wiederbesetzung der Professur für Portugiesisch in die Entscheidung der Fakultät stelle, mit anderen Worten also Abstand nahm vom Plan, die Portugisisch-Professur abzuschaffen.

Getragen von der Unterstützung durch die Studierenden vor dem Sitzungsraum, bekräftigte der Fakultätsrat dann heute den Beschluss, die Professur wieder zu besetzen, ein weiteres Mal. Der einzige, der nicht noch einmal dafür stimmte war der Dekan, der wohl die Mitteilung des Rektorats etwas anders verstanden hatte und der Ansicht war, dass die Besetzung erst mal ausgesetzt sei. Der Fakultätsrat stellte sich aber gegen ihn und gab dieser Differenz auch Ausdruck durch den klaren Beschluss, das Rektorat zu ersuchen, die Besetzung voran zu treiben. Warten wir es ab...


Folgender Artikel wurde uns von Teilnehmerinnen an der Demonstration zur Verfügung gestellt:

Stille Demo für die Wiederbesetzung der Portugiesisch-Professur am Institut für Übersetzen und Dolmetschen (IÜD) der Universität Heidelberg

Der Fakultätsrat der Neuphilologischen Fakultät der Universität Heidelberg fordert nach fünfjähriger Vertretungszeit unverzüglich die Wiederbesetzung der Portugiesisch-Professur des IÜD.

Hier, in Kürze, erst einmal einige Fakten, die Ihr bestimmt noch nicht kennt:

18.07.01: Die Berufungskommission beschießt die Verabschiedung einer Liste mit drei Bewerbern, der Fakultätsrat schließt sich dieser Liste ebenfalls am selben Tag einstimmig an.

07.08.01: Im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst findet eine Sitzung statt, die die Umsetzung der Empfehlungen der Fachkommission zum Ziel hat. Trotz des einstimmigen Beschlusses des Fakultätsrats spricht sich die damalige Prorektorin Frau Weigelin-Schwiedrzik gegen die Wiederbesetzung der Portugiesisch-Professur aus.

25.10.01: Die studentische Vertretung, Christian Grünnagel (FS Romanistik, Fakultätsrat), Friedwart Kuhn (Berufungskommission C3- Professur für portugiesische Übersetzungswissenschaft) und Kirsten Pistel (Fakultätsrat), ruft zu einer Vollversammlung der Portugiesisch-Studierenden auf und fordert, dass sich alle mit Aktionen für die Wiederbesetzung einsetzen.

31.10.01: Stille Demonstration aller, die sich für den Erhalt des Portugiesisch-Dolmetsch/ Übersetzer-Studiengangs am IÜD einsetzen wollen, vor der Alten Universität.

[Image: Portugiesisch ohne Grenzen]

Abgesehen von den zahlreichen Argumenten, die gegen die Streichung der Portugiesisch-Professur sprechen, wie zum Beispiel der hohe Imageverlust der Uni Heidelberg (der Portugiesisch-Dolmetsch-Studiengang wird sonst nur noch in Paris und Genf angeboten), sowie die Tatsache, dass Portugiesisch/ Brasilianisch mit über 200 Millionen Menschen die sechst meistgesprochene Sprache der Welt ist, möchten wir, die Studierenden des IÜD und Romanischen Seminars unserer Wut und unserem Frust Ausdruck verleihen. Wir nehmen es nicht mehr länger hin, dass die Entscheidung um die Portugiesisch-Professur ständig aufgeschoben und die schon beschlossene Wiederbesetzung verhindert wird. Mit unserer Unterschriftenaktion, der Pressearbeit und der heutigen stillen Demo, fordern wir - zu Recht! - den von der Berufungskommission und vom Fakultätsrat gefassten Beschluss vom 18.07.01 ein.

Wir bedanken uns recht herzlich bei allen, die uns mit Plakaten, Unterschriften und ihrer Präsenz tatkräftig unterstützt haben!

Christina, Helena und Judith

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 01.11.2001, 19.07.2002, 08.01.2003


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Erzeugt am 31.10.2001

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