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UNiMUT aktuell -- Januar 2002

Wusstet Ihr schon... (09.01.2002)

...dass sich Otto Schily mit seinem langen Marsch zum Überwachungsstaat auf den Nestor deutscher Bildungskultur berufen kann? "Denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit" hat Wilhelm von Humboldt wohl mal gesagt, und dieses Motto steht auch über dem diesjährigen "Studierendenwettbewerb" des Innenministers, im Rahmen dessen bis zu EUR 2500 an Studis (deutscher Unis) gegeben werden, die Seminararbeiten, Features oder Foto-Essays (was?, d.S.) zum Thema "Freiheitliche Demokratie zwischen Bürgerrecht und Bürgerschutz" nach Berlin schicken. Wer sich wirklich an der Orwell´schen Umdefinition "Überwachung ist Schutz, Recht ist Terror" beteiligen will, findet im Netz mehr Infos.

...dass ihr auch dieses Jahr wieder eine Alternative zu einem "Faulenz-Urlaub" habt? Für zwei bis drei Wochen könnt ihr CampleiterIn bei einem Workcamp des Service Civil International sein -- da ihr in einem einwöchigen Seminar im Frühling 2002 vorbereitet werden sollt, solltet ihr euch allerdings recht bald melden. Weiteres dazu auf der Webseite des SCI.

...dass der Heidelberger SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding am 15.12. unter anderem den UNiMUT zu einem Polit-Brunch eingeladen hat? Wir müssen schon sagen: Alle Achtung! Das Essen war prima und die Wohnung sehr hübsch. Wirklich nett gelegen und fein eingerichtet, ohne spießig oder allzu extravagant zu wirken. Respekt.

...dass das Rektorat Tage der offenen Tür nicht so toll findet? Als Ersatz soll am 8.6.2002 ein -- wir lügen nicht -- Heidelberger Wissenschaftsmarkt stattfinden. Dieser Markt soll in einem Zelt auf dem Uniplatz stattfinden und etwa 30 Projekte darstellen, die anschaulich und nach Möglichkeit zum "thematischen Schwerpunkt" Umwelt passen. Ein breiter Verteiler wurde eingeladen, an dem "Marktgeschehen" (glücklicherweise auch im Original noch mit Anführungszeichen) teilzunehmen, unter anderem auch die FSK und damit ihr. Wie stehts?

...dass fünf Studis der Uni Heidelberg für ein Jahr keine Studiengebühren zahlen müssen? Nun, zum Glück ist das noch keine wirkliche Meldung wert. Der Gebührenerlass bezieht sich jedoch auf die National University of Singapore, deren klimatische Verhältnisse ihr -- das muss mensch neidlos zugeben -- einen gewissen Wettbewerbsvorsprung vor der Ruperto-Carola bescheren. Wer dort hinwill (Kenntnisse in Malayisch oder Chinesisch sind nicht nötig), kann sich im Zimmer 166 des AAA über die näheren Modalitäten informieren.

Walter I. Schönlein

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Kein Ruck diesmal (11.01.2002)

Im Jahr 1998, nach der berüchtigten "Ruck"-Rede des damaligen Bundespräsidenten Herzog, die quasi als Bill of Rights der Dienstbarmachung aller Bereiche der Gesellschaft für Konkurrenz und Wirtschaftswachstum verstanden wurde, legten die HochschuldeformiererInnen erst richtig los: Studiengebühren, Orientierungsprüfung, Privatunis, Auswahlgespräche, Schmalspurstudiengänge, Juniorprofessuren -- die Liste könnte fast endlos weiter gehen.

Gestern hat sich Herzogs Nachfolger wieder an Bildungspolitik versucht, der Zeit entsprechend aber eher mit der Post-PISA-Schule. Die Rede selbst (hier gespiegelt, weil der präsidiale Server unter MS-IIS läuft, also entweder virenverseucht oder down ist) hat bereits viel Flak aus der Presse bekommen, vermutlich, weil Rau nicht in die neokonservative Logorrhoe seines Vorgängers verfallen ist und sich traut, Dinge wie "Bildung ist immer zuerst etwas, das zwischen Menschen stattfindet" zu sagen, wo doch mittlerweile jedeR wissen sollte, dass Bildung Handelsgut ist, ein Gut ohne Bezug zu den AkteurInnen.

Wenn wir im zitierten PISA-Artikel die wesentlichste durch die Studie aufgeworfene Frage in der nach den logischen Kapriolen der ElitebildnerInnen zur Vereinnahmung des Ergebnisse sahen, überrascht Rau. Natürlich ist auch er gegen "ideologische Fixierungen" -- und das hat mensch in diesen Zeiten wohl auf Kostenfreiheit und Reste von Menschlichkeit zu beziehen --, aber er warnt davor, Kinder schon im Kindergarten auf Verwertbarkeit hin zu konditionieren und er stellt sich hin und sagt, keine Schlagworte zur Lösung anbieten zu können. Wenn sich andere VertreterInnen des öffentlichen Lebens wenigstens mal dazu durchringen könnten...

Ernüchternd bleibt trotzdem, dass eine "internationale Vergleichsstudie" welcher Qualität auch immer ein solches Gesumme der politischen Klasse hervorruft. Einerseits sollte auch ein BDI-Präsident nach kurzem Nachdenken darauf kommen, dass quantitative Vergleiche von Menschen und Gruppen von Menschen so furchtbar schwierig sind, dass mensch sie besser gleich lassen sollte, und andererseits würde eine funktionierende Gesellschaft die Ziele ihres Ausbildungssystems doch wohl erstmal selbst definieren und jedenfalls nicht als "möglichst viele Punkte im Test xyz".

Zum Schluss noch der Studien-Tipp der Redaktion: Vor einem guten Jahr wurde die Civic Education Study der IEA abgeschlossen. Das faszinierende Ergebnis: Die deutschen SchülerInnen sind auch, was Politik angeht, nicht sonderlich informiert, sie sind rassistischer als SchülerInnen anderer Staaten, sie sind sack-unpolitisch und kriegen den Arsch nicht hoch, um beim UNiMUT mitzuarbeiten. Das Tolle an der Mitarbeit in der FSK ist: Ihr braucht keine Studie dieses Kalibers, um das mitzukriegen.

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Hochschulreform mit der Kettensäge (11.01.2002)

Über die Juniorprofessur hatte das Rektorat heute am späten Nachmittag informieren wollen, jene Wunderwaffe gegen die zugegebenermaßen arg antiquierte Habilitation, die BMBF-Chefin Bulmahn in der jüngsten HRG-Novelle in Stellung gebracht hat. Unter Studis war die Novelle vor allem umstritten, weil das SPD-Wahlversprechen Studiengebührenverbot fehlte, doch zeigt sich nun mehr und mehr, dass der Protest diesmal eigentlich vom wissenschaftlichen Nachwuchs hätte kommen müssen.

Wir hatten schon vor einer Weile von einer einschlägigen Veranstaltung in Mannheim berichtet, die im Bezug auf Fakten etwas unbefriedigend geblieben war. Immer noch ist viel im Fluss, und Rektor Hommelhoff musste oft genug mit den Schultern zucken. (Was aber in diesem Fall ein Zeichen von Stärke ist, denn all die offenen Fragen will Hommelhoff jetzt mit zum Minister nehmen, um ihre Beantwortung voran zu treiben). Jedoch sind schon genug Konturen zu erkennen, um zu sehen, dass es wenig zu lachen geben wird für all jene, die jetzt oder in nächster Zeit zwischen Abschluss und (noch) Habilitation auf allerlei zusammenimprovisierten Stellen strampeln, kämpfen und dabei noch den größten Teil der Forschung und einen guten Teil der Lehre schmeißen (werden).

Die Nachricht, die sie bei der heutigen Veranstaltung erreicht hätte: Bye-bye. Und das lässt auch für Studis nichts Gutes ahnen, so wenig Gutes in der Tat, dass der Assyriologe Maul von einem "intellektuellen Morgenthauplan", der großangelegten Agrarisierung ganzer Institute, für Fächer wie seines sprach. Aber von vorne:

Idee der Juniorprofessur ist, in einiger Analogie zu den Verhältnissen im "Ausland", Menschen nach der Promotion eine klare Perspektive zu geben, den so genannten "tenure track", also eine Ausbildung, an deren Ende mit guter Wahrscheinlichkeit eine Dauerstelle, in der BRD idealiter eine Professur steht. Gegenwärtig ist demgegenüber am Anfang einer wissenschaftlichen Laufbahn absolut nicht klar, ob der/die hoffnungsfrohe Ex-Studi als Prof oder Sozialfall endet. Der Mittelbau, Menschen in gesicherten Arbeitsverhältnissen unterhalb der Professur, der früher mal WissenschaftlerInnen, die keinen Ruf erhielten, in Lohn und Brot halten mochte, ist fast abgeschafft, und die nach der Habilitation typischerweise auf 40 zugehenden PrivatdozentInnen werden hierzulande von der Industrie nicht gerade mit offenen Armen empfangen.

Die Juniorprofessorin hingegen soll, so sie denn zwei Evaluationen übersteht, fast sicher eine volle Professur bekommen. Dabei erfreut sie sich größerer Unabhängigkeit als die bisher in vielen Fällen quasi in Leibeigenschaft des/r Profs gehaltenen HabilitandInnen. Ja, sogar eine eigene Ausstattung, die mancher jetzigen C3-Stelle abgeht, ist vorgesehen. So viel Paradies kommt nicht ohne Preis: Zwischen vier und acht Semesterwochenstunden Lehre steht auf dem Programm des Juniorprofs -- es war nicht nur einigen der bei der Rektoratsveranstaltung Anwesenden offensichtlich, dass diese auf den ja massiv verlangten wissenschaftlichen Output (oder die Qualität der Lehre) drücken muss, zudem ja auch fleißig Drittmittel eingeworben werden sollen und sicherlich auch die eine oder andere rituelle Aufgabe auf die Akolyten des Bildungstempels wartet.

Dennoch mag mensch den Berliner Überlegungen so weit folgen. Der Weg in tausendfache persönliche Katastrophen öffnet sich aber, sobald das Geld ins Spiel kommt. Kosten nämlich dürfen die Sachen nichts, und das heißt, dass sowohl die Mittel für die JuniorprofessorInnen als auch ihre späteren fast sicheren Stellen aus dem kommen müssen, was die Länder und damit die Unis bereits haben. Die Konsequenz: Die wenigen verbliebenen Mittelbaustellen werden vielfach geopfert (in Heidelberg, so der Rektor, soll das nicht passieren), freiwerdende W3-Stellen (W3 ist die neue, die bisherigen C3- und C4-Stellen subsummierende Besoldungsgruppe) werden in Erwartung der Juniorprofs nicht besetzt. Wer jetzt vor der Habilitation steht - oder sogar schon im Begriff steht, sie abzugeben, sollte sich schon mal umsehen, wo sich das nächste Arbeitsamt befindet.

Aber es kommt noch bunter: Mehr als sechs Jahre befristeter Beschäftigung nach der Promotion sind jetzt auch praktisch verboten, und das umfasst Stellen an halbstaatlichen Einrichtungen (etwa der MPG) ebenso wie drittmittelfinanzierte Stellen. Mit anderen Worten können sich die armen frisch-, nicht mehr so frisch- oder ungebackenen PrivatdozentInnen nicht mal auf Projektstellen über Wasser halten, denn: Sechs Jahre vergehen gern mal bis zur Habil. Ciao. Immerhin, so Kanzlerin "Dame" Romana Gräfin Hagen, gibt es vielleicht ein paar arbeitsrechtliche Tricks, um besonders nette und exzellente Menschen doch noch hier und da auf Zeit unterzubringen, wenn sie nicht zu alt sind -- welcher Trost.

Das Inferno wird perfekt, wenn noch das Frankenberg-Ministerium dazukommt, das schließlich das Hochschulrahmengesetz in einer Novelle des UG umzusetzen hat. Das nämlich scheint unbefristete Mittelbaustellen für WissenschaftlerInnen nun auch de jure abschaffen zu wollen und durch einen "akademischen Rat auf Zeit" mit starker Dienstleistungskomponente ersetzen zu wollen. Wer auf so einer Stelle gegen die Wand laufen soll und was nach Ablauf der Befristung mit diesen Menschen -- die sich sicher nicht werden gesundpublizieren können -- passieren soll, wusste von den rund 150 Anwesenden niemand zu sagen, obwohl die geballte Geisteskraft einer großen Prof- und Dekaneschar versammelt war. In diesem Szenario ist auch völlig unklar, wer die von den Juniorprofs einzuwerbenden Drittmittelstellen eigentlich besetzen soll, schließlich tickt ja auch für mögliche BewerberInnen für diese die Sechs-Jahre-Uhr. Am Rande sei noch erwähnt, dass die Frage, wer denn nun die Daueraufgaben übernimmt, die bisher der Mittelbau leistete, letzlich offen blieb. Die JuniorInnen und RätInnen auf Zeit werden nicht zu viel Kraft dafür über haben...

Es bleibt ein Bild eines Gesetzes, das Trotha nicht hätte schlimmer hinpfuschen können, geschrieben offenbar ohne auch nur einen Gedanken an die weiteren Konsequenzen: Wer einen "tenure track" öffnen will, muss auch Stellen schaffen, auf die er hinführen kann. Wer den Befristungswahnsinn begrenzen will, muss auch für Möglichkeiten sorgen, die die aus ihren prekären Beschäftigungsverhältnissen herausgedrängten Menschen vor dem totalen Aus bewahren. Mögen die SozialdemokratInnen auch beste Intentionen gehabt haben (was zu bezweifeln steht), das HRG in seiner gegenwärtigen Formulierung verheizt eine komplette Generation des wissenschaftlichen Nachwuchses, bringt folgende Generationen in haarsträubende Situationen, lässt Böses für die Zukunft universitärer Forschung ahnen und wirft drohende Schatten auf die Lehre in den Zeiten der Junioren.

Besonders hart wird es Niedersachsen und Berlin treffen, die, so mutmaßte Rektor Hommelhoff, wohl über Insiderinformationen verfügten und zwei Tage nach Freiwerden von Anschubmitteln für die Juniorprofessuren die Bundestöpfe schon abgeräumt hatten. Dementsprechend hart wird dort der Übergang auf das neue System werden, während Baden-Württemberg in diesem Fall mit dem gewohnt betonköpfigen Wissenschaftsministerium besser fährt, das sich von dem alten -- schlechten, aber immerhin nicht katastrophalen -- System nicht so plötzlich verabschieden möchte. Dementsprechend ist damit zu rechnen, dass das UG nicht vor 2003 mit dem HRG konform sein wird, vorher also alles weitergeht wie bisher, und dass auch danach die Dinge eher behutsam anlaufen. Heidelberg will zunächst mit 10 Juniorprofessuren (ohne Medizin) ins Rennen gehen, also nicht mal in jeder Fakultät eine. Hommelhoff betonte auch, er und das Rektorat sähen das ganze als Experiment, wollte sich aber auch auf Nachfrage nicht auf genauere Versuchsbedingungen festlegen lassen und schon gar keine Hoffnungen keimen lassen, der ganze Unfug könne wieder abgeblasen werden. Bis dahin können wir nur allen empfehlen, sich das neue Gesetz haargenau durchzulesen - auch geprüfte Hilfskraftzeiten werden auf die Beschäftigungszeit angerechnet, die man nicht überschreiten darf und die Dauer der Promotion zählt auch - mit oder ohne Beschäftigung!

Nicht wenige zwischen Hand- und Spanndiensten für ihre Profs, Dienstleistung, Publikationsdruck, Lehrverpflichtung und Existenzsorgen zerrissenen Postdocs und HabilitandInnen mögen geglaubt haben, es könne nicht mehr schlimmer kommen. Das war ein Irrtum. Ein Irrtum, den auch die Studierenden zu spüren bekommen werden, vermutlich zunächst die in Berlin und Niedersachsen. Hoffen wir, dass dort noch genug Protestkultur übrig ist, um eine baldige Re-Novellierung des HRG zu erzwingen.

Nachtrag (14.1.2002): Eine Synopse der Änderungen dieser HRG-Novelle hat die GEW zusammengestellt. Bei allem Gruselkram ist doch immerhin nett, dass die DoktorandInnen jetzt auch als Mitglieder der Uni geführt werden. Frohlocket.

Nachtrag (18.1.2002): Der AStA der TU Darmstadt hat den Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG)ins Netz gestellt. Der Entwurf enthält Regelungen zu Bachelor-/Master-Studiengängen, Studiengebühren und verfasster Studierendenschaft.

Nachtrag (19.1.2002) Den Volltext des neuen HRG in einer nichtamtlichen Form hat die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Uni Köln ins Netz gestellt. Eine ausführliche und laufend aktualisierte Sammlung von Informationen zur HRG-Novellierung findet sich bei der Initiative wissenschaftlichernachwuchs.de.

Nachtrag (16.2.2002) Der Spiegel hat auch eine Sammlung von Artikeln zu dieser Thematik zusammen gestellt und bei der taz findet sich ein informativer Artikel zu den nichtvorhandenen Übergangsregelungen.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 22.01.2002, 23.01.2002, 13.02.2002, 06.03.2002, 24.03.2002, 22.05.2002, 20.06.2002, 21.08.2002, 27.07.2004, 16.02.2005

"Preis der Freunde" an die Anstifter (15.01.2002)

Alljährlich vergibt der Verein der Freunde und Förderer der Uni Heidelberg den "Preis der Freunde" an eine Initiative von Studierenden, die auch in Zeiten der Hochschulreform mit der Kettensäge noch über ihre verschiedenen Tellerränder blicken. Abgesehen von einer lobenden Erwähnung in einer Pressemitteilung des Rektorats und damit auch in der RNZ bekommt die ausgezeichnete Initiative auch noch 2500 Euro. Die Redaktion findet, dass die Euro-Umstellung eine gute Gelegenheit gewesen wäre, das Preisgeld, seit Jahren konstant bei 5000 Mark, etwas aufzustocken statt es de facto zusammenzustreichen.

In diesem Jahr ging der Preis an die freie Theatergruppe Die Anstifter, von der auch schon öfter auf diesen Seiten die Rede war. Gestern nun wurde der Preis in einem kleinen Festakt verliehen, die Laudatio hielt der FSK-Juso-Hybride Space, und so kommt es, dass in der zitierten Presseerklärung des Rektors zum ersten Mal seit undenklichen Zeiten kritische Worte über Effizienzkriterien und Zielvereinbarungen zu lesen sind. Zu beglückwünschen sind also neben den Anstiftern auch der Pressesprecher des Rektors, Michael "Mouth of Sauron" Schwarz.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 05.06.2002

Dienst nach Vorschrift an der Uni Bielefeld (22.01.2002)

Als wir über die Konsequenzen der jüngsten HRG-Novelle berichteten, hatten wir vermutet, dass Studierende allzu bald Konsequenzen dieses Alptraumpakets zu spüren bekommen würden. In Bielefeld zeichnet sich jetzt eine Variante dieser Konsequenzen ab: Der Mittelbau der dortigen Historisch-Philosophischen Fakultät streikt. Na ja, wirklich streiken tut er nicht, vielleicht ist das auch zu viel verlangt von Leuten, die größtenteils auf hochprekären Stellen sitzen, aber immerhin: Dienst nach Vorschrift ist angesagt, die DozentInnen gehen zwar in ihre Vorlesungen, diskutieren dort aber nur über Hochschulpolitik. Morgen soll der Senat dazu tagen, wir werden hier nachtragen, was sich dort zugetragen haben wird.

Die Redaktion glaubt zwar, dass es etwas radikaler schon sein dürfte, muss aber zugeben, dass es in Heidelberg noch nicht mal dafür reicht. Noch? Dienst nach Vorschrift mitten in der Klausurenzeit klingt doch eigentlich verlockend...

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 16.02.2005

Semesterticket gerettet (22.01.2002)

Nach all den Irrungen der letzten Monate sieht es so aus, als werde das Semesterticket nun doch bleiben. Bei den gestrigen Verhandlungen kam es unter dem Druck der offenen Drohung von Seiten der Uni, das Semesterticket platzen zu lassen, zu einem Entgegenkommen des VRN. Auf dem Tisch liegen nun zwei Modelle:

  • Erhöhung des Grundbeitrags auf 16 Euro, dafür ist abends der Studiausweis allein in der Großwabe Heidelberg gültig
  • Erhöhung des Grundbeitrags auf 17 Euro, dafür ist abends der Studiausweis allein in der Großwabe Heidelberg sowie den angrenzenden Waben 125, 105, 135 und 145 gültig

In beiden Fällen erhöht sich der Preis für das volle Ticket auf 68 Euro. Damit ist auch die Uni dem VRN entgegengekommen -- ursprünglich war Verhandlungslinie der Uni, den Grundpreis nicht über 15 Euro steigen zu lassen. Diese Angebote stehen noch unter Gremienvorbehalt, Studentenwerk und VRN müssen also in ihren Gremien noch über den Vertrag abstimmen. Wir wollen der Demokratie nicht vorgreifen, aber beim Studentenwerk sollte dieses reine Formsache sein. Die Vorsitzenden von URN und VRN haben dem Vertrag zugestimmt, jetzt kommt es also noch darauf an, dass sie ihre Unternehmen im Griff haben.

Der Arbeitskreis Semesterticket und die Fachschaftskonferenz haben sich nahezu einstimmung für Alternative 2 ausgesprochen. Unser Votum wurde heute Rektor Hommelhoff überbracht und -- oh Wunder -- auf offizieller Seite gab es das gleiche Ergebnis. Der Vertrag ab Oktober 2002 wird dann im Detail etwa so aussehen:

  • Alle Studierenden zahlen mit dem Semesterbeitrag an das Studentenwerk einen Grundbetrag von 17 Euro für das Semesterticket.
  • Der Studiausweis gilt ab 19 Uhr in den Waben 125, 135, 145 und 105 als Fahrausweis. (Heidelberg, Eppelheim, Dossenheim, Schriesheim, Leimen, St. Ilgen, Sandhausen und Nussloch).
  • Zum Preis von 68 Euro kann das eigentliche Semesterticket erworben werden. Hierfür gelten die gleichen Konditionen wie bisher.
Das neue Semesterticket wird von VRN und Uni zunächst als Pilotprojekt gesehen. Im Vertrag (der über drei Jahre läuft) ist daher nach einem Jahr ein Sonderkündigungsrecht vorgesehen. Sowohl VRN als auch Universität können dann erneut überlegen, ob sich das neue Angebot lohnt. Jedoch steht eines schon jetzt fest: Sollte der VRN nach nur einem Jahr einen höheren Grundbetrag verlangen, so werden wir eine Ausweitung des Gebietes fordern.

Das Verhandlungsergebnis befriedigt sicher nicht alle Wünsche, mit denen wir die Verhandlungen gestartet haben. Jedoch muß ein wesentlicher Punkt festgehalten werden: In der Vergangenheit hat sich der VRN strikt geweigert, Tarifverhandlungen mit Verhandlungen über das Angebot zu koppeln. Das ist jetzt gelungen und lässt hoffen, dass es für das Semesterticket doch noch eine weitere Zukunft geben wird.

Die hoffentlich vorläufig letzte Entscheidung dieser Runde fällt am 12. März in einer Sitzung der VRN-Unternehmen.

Wem es nicht zu peinlich ist, die Arbeit anderen überlassen zu haben und jetzt den Mund aufzumachen, kann sich wie immer der Mailadresse des AK Semesterticket bedienen.

Und jetzt noch ein persönliches Wort der Redaktion: Wer immer von diesem Deal profitiert, sollte Thomas Richter einen ausgeben. Thomas (der, das nur nebenbei, selbst Rad fährt und vom Semesterticket selbst ziemlich genau gar nichts hat) hat sich ziemlich viele Beine ausgerissen, um dem VRN die verrücktesten Ideen auszutreiben und wurde dabei zu allem Überfluss auch noch des öfteren von der Uni-Verwaltung allein gelassen. Und das bei einem Studi-Interesse, das, "solang alles läuft", praktisch Null war. Thomas erreicht mensch auch über den AK Semesterticket oder ggf. die Redation.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 18.04.2002, 31.01.2006

NATO-Tagung und Terrorkriege (23.01.2002)

Es steht schon eine ganze Weile in unserer Termin-Übersicht, richtig aktuell wird es jetzt: Am nächsten Samstag, 26.1., wird das Antikriegsforum Heidelberg am US/NATO-Hauptquartier einen Kranz für die Opfer der Kriege der "freien" Welt niederlegen. Hintergrund ist, dass dort seit kurz nach dem 11.9. bereits zwei Kränze liegen, einer mit einer US-Flagge, einer in Schwarz-Rot-Gold. Das Antikriegsforum findet nun, dass dabei einige ganz wesentliche Aspekte fehlen und lädt herzlich ein, sich an der Kranzniederlegung zu beteiligen. Treffpunkt ist Rohrbach-Markt, 14 Uhr, am nächsten Samstag. In einem kleinen Demonstrationszug soll es dann zum Main Gate der Kaserne zur Kranzniederlegung und wieder zurück gehen. Weitere Informationen könnt ihr beim Antikriegsforum finden. TheologInnen mag es interessieren, dass der Theo-Dozent Duchow aller Voraussicht nach sprechen wird.

Für Friedensbewegte bietet auch der folgende Sonntag etwas: Im Rahmen der wöchentlichen Vokü -- billiges Essen und wertvolle Infos -- im Laden für Kultur und Politik in der Kaiserstraße (Weststadt) wird es um 19 Uhr Informationen zur NATO-Tagung in München (bzw. den Aktionen dagegen) geben. Wer die Absicht hat, nach München zu fahren, und sei es nur aus wohlverstandenem Liberalismus zur Verteidigung des dort zur Zeit arg unter Beschuss gekommenen Demonstrationsrechts, wird in der Vokü Menschen finden, die ähnliche Interessen haben.

Schließlich weisen wir erneut auf die wöchentliche Mahnwache hin: Seit Oktober treffen sich Heidelberger FriedensfreundInnen jeden Montag um 19 Uhr an der Hauptstraße, Ecke St. Anna-Gasse zur Mahnwache gegen Krieg und Terror. Auch wenn die Nachrichten aus Afghanistan zur Zeit eher wenig von Kriegshandlungen berichten (was nicht heißt, dass es sie nicht gäbe) und weder Irak noch Somalia derzeit einen heißen Krieg mit der freien Welt zu führen haben: Die Bundesrepublik hat Truppen in der Region, ist beteiligt und wird bei weiteren Kriegen "gegen den Terror" mitmachen. Es sei denn, die "Basis" äußert ganz klar, dass die Verneinung des Menschenrechts auf Leben aus dem Lauf eines G3-Sturmgewehrs wohl kaum geeignet ist, Frieden und Menschenrecht in der Welt zu verbreiten.

Nachtrag (26.1.): Etwas passend zu diesem Artikel ist ein Interview, das Ex-Forschungsminister Andreas von Bülow dem Berliner Tagesspiegel gab. Es ist auf jeden Fall mal für VerschwörungstheoretikerInnen wertvoll. Bülow ist, das muss gesagt sein, kein netter Mensch -- er hat nicht nur der konkret und dem Tagesspiegel, sondern auch dem Burschen-Zentralorgan junge freiheit ein Interview gegeben. Trotzdem: Angesichts der exorbitanten Verspätungen, die im US-Luftverkehr üblich sind, ist es einfach eigenartig, dass Atta so kurzfristig eingeflogen ist...

Nachtrag (28.1.): Das Vorbereitungstreffen gestern ergab einiges Interesse an der Konferenz aus Heidelberg -- da es aber zu spät für einen Bus ist, werden die HeidelbergerInnen nun wohl Zug fahren. Abfahrt ist kurz nach Acht (Eurocity -- wers mit dem Wochenendticket probieren möchte, muss etwa um fünf losfahren) am nächsten Samstag. Derweil geht die Repression in München munter weiter: Der Kampagne wurde das Konto gekündigt, dem EineWeltHaus wurde von Seiten des Bürgermeisters mit Kündigung gedroht, wenn es eine Veranstaltung in ihren Räumen durchführen würde, ähnliches passierte beim Kafe Kult, grundsätzlich hat OB Ude städtische geförderten Einrichtungen mit Konsequenzen gedroht, sofern sie DemonstrantInnen Schlafplätze zur Verfügung stellen.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 28.01.2002

Wusstet Ihr schon... (23.01.2002)

...dass Rektor Hommelhoff die fünfte Neckarquerung ins Neuenheimer Feld samt Ausbau des Klausenpfads allen Gemeinderatsbeschlüssen zum Trotz noch nicht aufgegeben hat? Am 14.12. letzten Jahres ließ er einen Brief an OB und Gemeinderat schicken, in dem er einerseits anbietet, Anfang Februar eine Stellungnahme der Uni zum Jobticket abzugeben, andererseits aber betont, mit Webers Aussage vom 14.11., Handschuhsheim sei ein Ausbau des Klausenpfads nicht zuzumuten sei er nicht glücklich. Außerdem habe ihn der "Herr Minister für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg" wissen lassen, ohne Klausenpfad-Ausbau sei der Neckartunnel sinnlos, das ganze Vorhaben aber käme durchaus für eine Landesförderung in Betracht. Außerdem sei ihm signalisiert worden, dass durchaus erhebliche Mittel für die Zubetonierung der Landschaft zur Verfügung stünden, weshalb er vorschlägt, Stadt und Uni gemeinsam sollten doch die "Notwendigkeit beider Tunnel proaktiv" (Hervorhebung im Original, gemeint ist zusätlich der Burelli-Tunnel am Bahnhof) vertreten. Also: Wenn ihr uns nicht den Klausenpfad ausbaut, werden wir euch proaktiv beim Verkehrsminister schlecht machen. Hoffentlich sind auch die HandschuhsheimerInnen proaktiv...

...dass ihr bei der Studienstiftung des deutschen Volkes besser nicht proaktiv werdet? Wie in jeder besseren Gesellschaft kommt in den Genuss ihrer Förderung nur, wer vorgeschlagen wird, was natürlich auch nur Mitglieder der besseren Gesellschaft dürfen, in eurem Fall also Profs oder Fakultäten. Letztere schlagen euch vor, wenn ihr ein "hervorragendes" Zwischenexamen abgelegt habt, erstere wohl, wenn ihr sie von eurer Brillianz überzeugt habt. 1500 Studis pro Jahr haben dieses Glück, also, wie die Stiftung stolz verkündet, weniger als 0.5% aller Studierenden, und zwar unabhängig von wirtschaftlichen und sozialen Aspekten. Schade nur, dass bei so viel Elitebildung gerade mal schlappe 1025 Mark im Monat rüberwachsen, plus 150 Mark Büchergeld. Die Redaktion findet diesen Betrag der künftigen Elite nicht angemessen.

...dass Schwule und Lesben im Rhein-Neckar-Raum im Krisenfall und auch schon vorher zu Plus, der Psychologischen Lesen- und Schwulenberatung Rhein-Neckar kommen können? Dort gibt es etwa Selbstbehauptungstrainings und Kommunikationsseminare für Paare, JuLiA, eine begleitete Gruppe für junge Lesben bis 25 oder RISPE, ein Projekt zur Rehabilitation und Integration schwuler Männer mit Psychatrieerfahrung. Bei der Gelegenheit weisen wir darauf hin, dass die Uni Heidelberg schon seit undenklichen Zeiten nicht mehr über ein Schwulenreferat verfügt. Mag vielleicht einer der Leser diese Lücke füllen?

...dass "der Unternehmer Curt Engelhorn" "mit einer in der deutschen Museumslandschaft im Blick auf die letzten Jahre einzigartigen Stiftung von 40 Millionen DM" das ehemalige Reiss-Museum in Mannheim so beeindruckt hat, dass es sich gleich in "Reiss-Engelhorn-Museum" umbenannt hat? Der Redakteur ist trotz aller Abgebrühtheit überrascht, zu welchen Exzessen an Käuflichkeit die Streichungsorgien der letzten zwei Jahrzehnte geführt haben, vor allem aber, wie bereitwillig sich Museen zu sowas bekennen -- die Zitate oben stammen aus einer Einladung zu einem personenkultischen Festakt (im Florian-Waldeck-Saal -- Florian hat offenbar weniger gespendet), verfasst vom Museumsdirektor selbst.

...dass am Klinikum Karlsruhe mittlerweile 20 Ärzte der Bundeswehr arbeiten? Um die angesichts eher bescheidener Bezahlung subalterner KrankenhausärztInnen mittlerweile arg dünne Personaldecke auszubessern, ohne Sozialstandards erhöhen zu müssen, hat der dortige Klinikchef Daub Beziehungen spielen lassen und "unsere Jungs" antanzen lassen. Sicher ein Vorbild auch für die Uni, wenn dank HRG-Novelle niemand mehr lehren kann und will. "Männer, heute lernen wir Integrieren. Aaaantreten..."

Walter I. Schönlein

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Alles wird gut - Verleihung des Landeslehrpreises am 21.1.02 (25.01.2002)

Bekanntermaßen sind die deutschen Universitäten unter aller Kanone: Die Professoren verbeamtete Faulpelze, die Verwaltungen unfähig, die Studenten entweder Blutegel an Steuerzahlers Tasche oder schlicht strohdumm. Und an den konservativen Unis ist alles gleich doppelt schlimm, sind sie doch diejenigen Größen, welche die längst überfällige Reform des Bildungswesens obstruieren, unterminieren, zersetzen. Da erscheint es fast wie ein Wunder, wenn ein qua Amt zur Reform Berufener sich dazu herabläßt, die Stätten der Reaktion nicht nur besuchen, nein, sondern sie sogar - mit einem Preis auszeichnet.

Doch der Reihe nach: Es ist Montag, der 21.1., 15.00: Gespannt betreten wir die Alte Aula, wo Wissenschaftsminister Frankenberg in Kürze den Landeslehrpreis verleihen wird, und fragen uns, was Prof. Dr. Karlheinz Sonntag und Privatdozent Dr. Niclas Schaper (Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften) Gigantisches geleistet haben mögen, daß der allergnädigste Blick aus Stuttgart einmal keine Kürzungen, sondern Gratifikationen beschlossen hat. Aber Geduld, zuerst muß die Capella Carolina das Ereignis festlich einleiten.

Als die Lieder geendet haben, tritt der Rektor der Ruperta Carola ans Rednerpult, und wißbegierig hängen wir uns an Herrn Hommelhoffs Lippen. Wofür gibt es den Preis denn dieses Jahr? Bestimmt wieder für CD-ROM-Präsentationen. Aber Ruhe jetzt.

Mit gewichtiger Stimme wird dem Publikum mitgeteilt, daß die Forschung eine unabdingbare Voraussetzung für die gelungene Lehre darstellt. Und daß nur lehren soll, wer auch gut forscht. Weil nur Forscher die Studenten nicht nur belehren, sondern auch in die Forschung einbeziehen können. In diesem Sinne: Herzlichen Glück-wunsch an Herrn Prof. Dr. Karlheinz Sonntag und Herrn Privatdozent Dr. Niclas Schaper. So. Jetzt spricht der Herr Minister. Als Hommelhoff vom Pult herabsteigt, sehen wir uns leicht konsterniert in die Augen: Das hätten wir uns fast selbst denken können. Aber bestimmt weiß Meister Frankenberg, warum der Preis verliehen wird. Und ganz sicher wird er es uns auch gleich mitteilen.

Die Universitäten, so erfahren wir, müssen reformiert werden. Neue, gestufte Studiengänge sind zu erstellen, ohne die alten aber gleich abzuschaffen. Es wird Zeit für Juniorprofessoren. Und für Wettbewerb. Die Universitäten sollen endlich ihre Studierenden selbst aussuchen dürfen. Und die Studenten sollen unter den besten Universitäten wählen können. Aber dafür gibt es ja ihn, den Herrn Frankenberg. Und den Landeslehrpreis. Herzlichen Glückwunsch an Herrn Prof. Dr. Karlheinz Sonntag und Herrn Privatdozent Dr. Niclas Schaper.

Als der Minister daraufhin mit strahlender Miene den Preisträgern entgegen schreitet, werden wir leicht unsicher. Wofür kriegen die das ganze Geld und die Ehrenurkunde? Für den Wettbewerb zwischen den Unis oder für die Juniorprofessur? Hoffentlich wird die nun folgende Darbietung von Herrn Prof. Dr. Karlheinz Sonntag unsere Fragen beantworten.

Der Herr Professor hält einen Vortrag über Betriebspsychologie und was man damit alles anstellen kann. Seine Vorstellung wird untermalt von einem Menschen am Laptop, der mittels PowerPoint bunte Grafiken sowie das Konterfei einer Maschine ungewisser Herkunft und Bestimmung an die Leinwand wirft. Jetzt gehen bei uns endgültig die Lichter aus. Müssen die Betriebspsychologen jetzt die Maschine betreuen, den der sie bedient, oder den, der ihretwegen seinen Job verloren hat? Und was hat der Landeslehrpreis damit zu tun?

So viele Fragen und keine Antworten. Einander die Hände schüttelnd verlassen Minister, Rektor, Preisträger und Publikum die Aula, um dem Sektempfang (mit Häppchen) entgegenzustreben. Langsamen Schrittes folgen wir ihnen und quälen uns: Warum das alles? Wofür wurde der Preis verliehen? Sieht so eine Bildungsreform aus?

Wir werden es wohl nie erfahren.

Die Darstellung des Rektors

Und so sah der Minister das Ereignis

Und wer die Frage beantworten will, welcher Veränderungstyp die Uni ist, lese den Vortrag von Herrn Landeslehrpreisträger Sonntag.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 26.03.2003

Ein Auto für 200 Euro (28.01.2002)

Die Redaktion ist zwar der Meinung, dass Autos an und für sich zum alten Eisen gehören -- doch die Realität ist leider mal, dass die Versuchung, sich in die selbstgewählte Unmündigkeit der rasenden Blechschachtel zu begeben, allzu groß ist. Die Konsequenz ist auf fast allen Straßen zu sehen: Stoßstange an Stoßstange steht Tonne um Tonne Blech im Weg herum, nur um dann und wann mal mit viel Lärm und Gestank ein paar Meter bewegt zu werden. Zumindest dem Rumstehen ist mit Hilfe der Ökostadt Rhein-Neckar ein wenig beizukommen, und weil auch wir gern weniger rumstehendes Blech hätten und uns die Ökostadt einen Artikel geschickt hat, geben wir ihn hier mal weiter, auch wenn wir finden, dass niemand in Heuchelheim wohnen sollte, wenn er/sie in Heidelberg arbeitet. Doch damit kommen wir gleich zur Frage, ob Wohnraum eigentlich Handelsgut sein darf, und das soll dieses Mal nicht Thema sein.


Wer aus Heuchelheim oder ähnlich entlegenen Dörfern täglich nach Heidelberg zur Uni muss, der braucht dazu in der Regel ein Auto und kann diesen Artikel getrost überspringen. Für Leute aus Heidelberg und Umgebung, die dank Semesterticket, Fahrradbesitz oder günstiger Wohnlage nur ab und zu ein Auto brauchen, gibt es eine interessante Alternative zum eigenen Auto: Das CarSharing.

Im Rhein-Neckar-Raum stehen mittlerweile fast 100 CarSharing-Fahrzeuge, davon etwa die Hälfte in Heidelberg. Die Heidelberger Flotte ist an über 20 Stationen im Stadtgebiet verteilt. Fast jeder hat somit ein CarSharing-Auto in seiner Nähe. Vom Mini bis zum Transporter ist für jeden das richtige Gefährt dabei. Für das besondere Erlebnis stehen zwei Cabriolets zur Verfügung. CarSharing-Nutzer brauchen sich nicht mit Reparaturen, TÜV oder ähnlichem herumzuschlagen. Dieser Service wird von Stadtmobil Rhein-Neckar übernommen.

Wer ein Auto nutzen will und im Besitz eines Semestertickets ist, kann dies zu besonders günstigen Konditionen tun. Mit ÖPNV-Dauerkarten müssen im so genannten "VRN-Tarif" lediglich 200 Euro als Einlage hinterlegt werden, die bei Beendigung des Vertrages wieder zurückgezahlt werden. Kosten fallen nur bei tatsachlichen Fahrten an. Für Leute ohne ÖPNV-Dauerkarte gibt es darüber hinaus den "Classic-Tarif" von Stadtmobil.


|VRN-Tarif            |A        |B        |C        |D        |F        |

|Entgelt pro Buchung: |Mini     |Kleinwage|Kombi    |Komfort/V|Transport|

|1,- E                |         |n/       |         |an       |er/Kleinb|

|                     |         |Smart    |         |         |us       |

|                     |         |Cabrio   |         |         |         |

|km 1-100 pro km      |0,22 E   |0,25 E   |0,27 E   |0,29 E   |0,36 E   |

|ab km 101 pro km     |0,19 E   |0,22 E   |0,24 E   |0,26 E   |0,33 E   |

|ab km 501 pro km     |0,16 E   |0,19 E   |0,21 E   |0,23 E   |0,30 E   |

|Zeittarife           |         |         |         |         |         |

|0-7 Uhr pro Stunde*  |0,50 E   |0,50 E   |0,50 E   |0,50 E   |1 E      |

|7-24 Uhr pro Stunde* |2,10 E   |2,20 E   |2,70 E   |3,20 E   |4 E      |

|24-Stundentarif pro  |24 E     |26 E     |32 E     |37 E     |45 E     |

|24 h**               |         |         |         |         |         |

|Wochentarif** pro    |120 E    |130 E    |160 E    |185 E    |230 E    |

|Woche                |         |         |         |         |         |

Wer ein Auto braucht, sei es für Großeinkauf, Umzug oder Sonntagsausflug, kann über Internet buchen oder ruft bei der Buchungszentrale an, die täglich 24 Stunden besetzt ist. Die Reservierung kann drei Wochen im Voraus oder spontan kurz vor der Abfahrt erfolgen. Abgerechnet werden die gebuchte Zeit und die gefahrenen Kilometer. Die Preise scheinen auf den ersten Blick nicht ganz billig. Günstiger ist aber lediglich das Auto, das Mami und Papi großzügig zur Verfügung stellen. Die Fahrtkosten schließen außerdem Benzin und Vollkaskoversicherung mit ein.

Durch den großen Fuhrpark können über 90 Prozent der Buchungswünsche erfüllt werden. Ist das gewünschte Auto einmal belegt, gibt es fast immer Ausweichmöglichkeiten in der Nähe. Verträge über eine CarSharing-Nutzung können entweder direkt im Stadtmobil-Büro in Mannheim oder in Heidelberg beim Verein Ökostadt Rhein-Neckar sowie im HSB-Kundenzentrum abgeschlossen werden. Weitere Informationen gibt es auch im Internet unter http://www.stadtmobil.de.

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Die Kränze nieder (28.01.2002)

Trotz unseres Aufrufes fanden nur rund hundert Leute den Weg nach Rohrbach-Markt, um an der Kaserne in der Römerstraße -- Heim für einige Hauptquartiere -- einen Kranz "Für die Opfer der Kriege der freien Welt" niederzulegen. Leider waren die Kränze für die deutschen und US-Opfer, die nach dem 11.9. dort abgelegt worden waren, mittlerweile wohl vertrocknet, jedenfalls nicht mehr da, was dem ganz besonderen Reiz der Veranstaltung ein wenig schadete.

Misstrauisch von einer Abordnung der US-Armee in voller Kampfmontur (einer der Abgeordneten streichelte dennoch einen Hund) beobachtet, legte eine schmale Delegation für die Demo den Kranz vor der gründlich verrammelten Kaserne ab, während die restliche Demo aus Sicherheitsgründen auf der anderen Straßenseite bleiben musste und dort eine Kundgebung mit vier Redebeiträgen (der angekündigte Uni-Theologe Duchrow sprach in der Tat, es ist also besonders unverzeihlich, dass nicht mehr Studis aus seiner Fakultät da waren) und dem Anlass entsprechender Musik abhielt.

Wer diese (übrigens vom Wetter sehr begünstigte) Gelegenheit verpasst hat, der zunehmenden Gleichgültigkeit den Vorgängen hinter dem Kaukasus (und, so wetten wir, bald dem Suez-Kanal) entgegenzutreten: München leuchtet!

Nachtrag (13.2.2002): Wir dokumentieren im Nachhinein noch Duchrows Rede.

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Studis raus! (30.01.2002)

Die Zeiten werden nicht einfacher in den Zeiten der privatisierten Postmoderne: Insbesondere kommt mit Privatunis und Fantasiestudiengängen das Ende der Gewissheit, dass die Menschen, die Studiengänge anlegen, wenigstens noch verstaubte Bürokraten und nicht überdrehte Karriereprofs oder solide Geschäftsleute sind.

Um den Wildwuchs zu begrenzen, haben sich KMK und HRK 1999 darauf geeinigt, einen Akkreditierungsrat (die Webseite ist ein wenig albern, enthält aber trotzdem im Wesentlichen alles, was es zum Thema zu wissen gibt) einzurichten, der seinerseits dann bestimmt, wer in welchen Fachbereichen festzustellen in der Lage ist, ob Studiengänge gewissen Mindeststandards genügen oder nicht.

Seit damals saßen zwei Studierende in diesem Rat, doch das soll jetzt ein Ende haben, denn wo kämen wir denn hin, wenn die Leibeigenen im Uni-Feudalsystem selbst bestimmen könnten, welche Fürsten welche Lehen erhalten. So kam es nun zu einer Reform, die Studis fliegen raus, Ministerialdirigenten kommen rein, und letztlich ändert sich natürlich nichts, denn immerhin ist schon das Konzept ziemlich fragwürdig (vgl. das HRK/KMK-Papier zum Akkreditierungsverfahren), und doch haben der fzs (der bisher einen "studentischen Akkreditierungspool" von potentiellen Mitgliedern in den Akkreditierungsgremien verwaltet) und die Jusos jeweils eine Presseerklärung verfasst, die das Rausfliegen der Studis (statt der Existenz des Gremiums selbst) als mittlere Katastrophe einschätzten.

Ein Mitarbeiter der (als Ergänzung zum UNiMUT empfehlenswerten) Hopo-News hat, ganz passend zu einem augenblicklich auf Bundesebene laufenden Diskurs über eine Unterwanderung des fzs durch ReformistInnen, frappierende Ähnlichkeiten der beiden Presseerklärungen festgestellt. Honni soit qui mal y pense.

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Offener Brief zur Rasterfahndung (31.01.2002)

Folgenden Brief veröffentlichen wir gern -- an ihren Taten mögt ihr die übrigen Medien, an die das Schreiben ging (ruprecht, RNZ, Unispiegel) erkennen...

Offener Brief an den Rektor der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Sehr geehrter Herr Hommelhoff,

ich will Ihnen meine Geschichte erzählen. Sie handelt von den Erlebnissen und Eindrücken eines ausländischen Studenten an der Universität Heidelberg im Lichte der Erschütterungen vom 11.9. Insbesondere handelt sie von der Art der Kriminalitätsbekämpfung, die zuletzt in der Bundesrepublik gegen die RAF eingesetzt wurde.

Als ich zum ersten Mal von der Rasterfahndung erfuhr, habe ich mich auf die Suche nach Informationen gemacht. Ich hatte gute Gründe dafür, anzunehmen, ich sei von ihr betroffen, und wollte insofern genau wissen, wie die Rechtslage bzgl. der Rasterfahndung aussieht. Wer genau ist betroffen? Welche Daten wurden von der Universität ausgeliefert? An welche Behörden? Wie lange werden sie gespeichert? Wer hat Zugang dazu? Ist die Universität dazu verpflichtet, mir auf Anfrage mitzuteilen, ob meine Daten ausgeliefert worden sind? Nach einem enttäuschenden Gespräch mit Herrn Schwarz, dem Pressesprecher der Universität, bin ich in die Rechtsberatung des Studentenwerks gegangen. Die Juristin dieser Rechtsberatung ist beim Stichwort "Rasterfahndung" völlig erschrocken und konnte nichts - in der Tat absolut nichts (!) - zur Rechtslage sagen. Sie hat sich nicht mal angeboten, sich diesbezüglich zu informieren. So viel zur Rechtsberatung des Studentenwerks. Nach dieser zweiten Enttäuschung habe ich mich an das Akademische Auslandsamt gewendet, das mich zu einem Juristen in der Zentralen Universitätsverwaltung, Herrn Treiber, geschickt hat. Er wusste zunächst auch nicht Bescheid, hat sich aber darum bemüht, mir zu helfen. Ich sollte eine Woche später wieder zu ihm kommen, hieß es. Wenigstens eine Hoffnung. Inzwischen hatte ich von Teilen der Studentenvertretung erfahren, dass eine persönliche Anfrage beim Rektorat, ob meine Daten ausgeliefert worden seien, möglich sei. Insofern habe ich nach meinem Termin bei Herrn Treiber beim Rektorat angerufen, das mich - sehr dilettantisch und verwirrt - mehrere Male an falsche Personen in der Universitätsverwaltung geschickt hat. Beim dritten Anruf wurde ich an die zuständige Person in der Zentralen Universitätsverwaltung, Herrn Brachmann, weitergeleitet. Ich habe mit Herrn Brachmann einen Termin abgemacht; er wolle mir die Information über die Auslieferung meiner Daten geben. Als ich bei ihm erschien, wurde ich doppelt enttäuscht. Erstens meinte er, dass er mir diese Information doch nicht geben könne. Zweitens ist beim Termin mit Herrn Brachmann überraschenderweise Herr Treiber aufgetaucht, quasi als juristischer Beistand zu Herrn Brachmann, der augenscheinlich über die Rechtslage nicht besonders gut informiert war. Ich musste feststellen, dass sie alle im selben Boot saßen und dass Herr Treiber alles andere als eine unabhängige Quelle sein konnte.

Nun, nach diesen bitteren Begegnungen an meiner eigenen Universität habe ich erkannt, dass ich eine Rechtsberatung woanders suchen muss. Immerhin kann ja jede(r) Bürger(in) in der Bundesrepublik, so wurde mir gesagt, beim Amtsgericht eine kostenlose Rechtsberatung in Anspruch nehmen, wenn er/sie nachweisen kann, dass er/sie ein nicht zu hohes Einkommen hat. Ich machte mich also auf den Weg zum Heidelberger Amtsgericht im Glauben, endlich würde ich über die Rechtslage bzgl. der Rasterfahndung aufgeklärt werden. Im Amtsgericht gibt es einen einzigen Sachbearbeiter, der für Anträge dieser Art zuständig ist. Ich habe ihm meine Lage erklärt, woraufhin er lakonisch meinte, es bestünde "gar kein konkreter Anlass" für die Ausstellung eines Scheins für eine kostenlose Rechtsberatung in meinem Fall. Sein Vorgesetzter, mit dem ich dann Kontakt aufnahm, sagte mir, ich müsse eine formelle Dienstleistungsbeschwerde schreiben, die er dann bearbeiten würde.

An diesem Punkt habe ich aufgegeben, Herr Hommelhoff.

Dass sich die Bundesregierung für diese Art des institutionalisierten Rassismus, für diesen tatsächlich rassistischen Generalverdacht entschieden hat, der das grundlegende Prinzip der Rechtsstaatlichkeit umstülpt und die Beweislast auf die/den Angeklagte(n) verschiebt, kann ich Ihnen natürlich nicht vorwerfen. Aber: Die Haltung der Universität Heidelberg, die angeblich stolz ist auf den hohen Anteil ihrer ausländischen Studierenden, hat sich als völlig unkritisch und konform erwiesen. Sie hat die rassistische Stigmatisierung der Regierung ohne Einspruch mitgemacht. Sie hat einen Teil ihrer eigenen Studenten grundlos verdächtigt und sie somit diskriminiert, ausgegrenzt, stigmatisiert. (Woher nehmen Sie sich das Recht, Herr Hommelhoff, mich des Terrorismus zu verdächtigen?) Es gab nicht einmal den Versuch, sich gegen diesen Eingriff zu wehren. Es gab nicht einmal eine einzige symbolische Handlung, von der ersichtlich wäre, dass diese Fahndung der Universität unangenehm sei (siehe z.B. die Reaktionen der Universitäten Bremen sowie der Humboldt-Universität und der Freien Universität in Berlin).

Ich werfe der Universität Heidelberg vor, mitverantwortlich für das Schüren von rassistischen Ressentiments sowie für ein unangenehmes Klima an der Universität zu sein. Wenn Sie sich nun für diese affirmative Haltung entschieden haben, sollten Sie wenigstens ein geringes Maß an Transparenz erlauben. Die Erlebnisse, die ich machen musste, sind wahrscheinlich nur ein Beispiel für alles andere als Transparenz, für die unglaubliche Haltung der Universität gegenüber ihren eigenen ausländischen Studierenden. Ich ging optimistisch an die Sache heran und wurde zunächst enttäuscht. Dann nochmal enttäuscht, und nochmal. Und wieder. Am Ende war ich verzweifelt: Jede Möglichkeit, die ich nur ausschöpfen konnte, hat sich als ein Nichts erwiesen. Inzwischen, Herr Hommelhoff, bin ich nicht nur enttäuscht und verzweifelt, sondern richtig wütend. Ich fühle Wut. Wut auf den Rassismus der Bundesregierung. Wut auf das Sicherheitsbedürfnis und die Angst der deutschen Gesellschaft vor dem konstruierten Feindbild der "Schläfer". Wut auf das bewusst konforme und insofern rassistische Verhalten der Universität, an der ich studiere. Wut auf die Scheinheiligkeit der Universität, dessen Sprüche über Internationalität und Offenheit sich inzwischen als bloße Leerformeln entpuppen. Wut auf die Studenten, die die Rasterfahndung begrüßen. Letzten Endes, Herr Hommelhoff, Wut auf Sie.

Ein Ort der vermeintlich ständigen Offenheit, des freien und lebendigen Geistes hat sich erwiesen als ein Ort der Ausgrenzung, des kritiklosen, insofern unfreien und toten Geistes.

Mit freundlichen Grüßen,

(Name der Redaktion bekannt)

Diese Ausführungen bedürfen wohl keines Kommentars. Die Redaktion, die von Rektor und Amtsgericht nichts anderes erwartet hätte, kann sich allerdings die Bemerkung nicht verkneifen, dass der Totalausfall der Studiwerks-Rechtsberatung ein besonders trauriges Armutszeugnis ist, zumal bei einem Thema, das so viele der Sozialbeitrags-ZahlerInnen angeht.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 07.02.2002, 14.03.2002, 12.07.2002, 15.01.2003, 23.05.2006


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