[Home] [Aktuell] [Aktuell-Archiv] [Feb 01]
UNiMUT im Winterschlaf -- fast alle Inhalte hier sind mindestens fünf Jahre alt und vor allem historisch interessant. Wenn du die Seite magst: Wir lesen unsere Mail noch und helfen dir gerne, den Online-UNiMUT wiederzubeleben. Termine | 300 Menschen gegen 5 Kameras (14.02.2001)
Nicht nur der Heidelberger Bismarckplatz, auch der Mannheimer Paradeplatz wird seit kurzer Zeit von etlichen Kameras geziert. In Mannheim hat der Aufsteller -- die Polizei -- sogar eine echte Hi-Tech-Lösung dahintergebastelt: Die Daten werden digitalisiert und auf Platten im Polizeipräsidium L6 geschrieben, wo auch einige Beamte an Joysticks sitzen. Mit diesen Joysticks können die Kameras auf biertrinkende Penner, nasebohrende Omas und skateboardfahrende Kids ausgerichtet werden, der Feuerknopf ist dem Vernehmen nach noch unbelegt. Es war diese Hi-Tech, die der Quadratestadt gestern hohen Besuch brachte: Die Innenminister der von CDU und CSU regierten Bundesländer trafen sich, um das Wunderwerk vor Ort in Augenschein zu nehmen. Ob CSU-Scharfmacher Günther Beckstein selbst am Joystick war, ist nicht überliefert, da leider am Paradeplatz kein Monitor angebracht ist, mit dem sich die Vorgänge im Polizeipräsidium überwachen lassen. Immerhin jedoch kamen 300 Menschen zu einer Demonstration gegen Kameraüberwachung, die geschützt durch ein massives Polizeiaufgebot vom Marktplatz zum Wasserturm spazierten und sich an wohl ausgewählten Stellen Redebeiträge aus einem Spektrum von AnarchistInnen bis Grünen anhörten. Mehr von dem Bündnis, das die Demo veranstaltet hat, ist unter http://go.to/kameras-weg nachzulesen. In diesen Zusammenhang passt auch gut eine kleine Ankedote vom diesjährigen Superbowl, dem Endspiel der nationalen Football-Liga in den USA. Dort hatten die Ordnungskräfte Kameras angebracht, die Portraits von allen ZuschauerInnen einfingen und an ein biometrisches System weiterleiteten, das wiederum die Gesichter mit einer Verbrecherdatenbank abglich. Unter den 100.000 Fans, die sich unter der Sonne von Tampa, Florida, eingefunden hatten, fand das auf den schönen Namen FaceTrac hörende System durchaus etliche Kriminelle. Doch leider hatte es sich in jedem einzelnen Fall geirrt, was vor allem für die Personen, die das Spiel von einer Zelle statt vom Stadion aus verfolgen mussten, unangenehm war. Dieser Superbowl war nach offiziellen Angaben die erste große Sportveranstaltung, die elektronische Überwachung in großem Stil einsetzt. Besonders der Hersteller von FaceTrac, Visage Technology aus Littleton, Massachussetts (nicht Colorado), hofft aber, das System an die VeranstalterInnen der der Olympischen Spiele 2002 und natürlich europäischer Fußballspiele mit ihren Hooligans verkaufen zu können. Von unseren Kameras auf Parade- oder Bismarckplätzen war dabei noch nicht die Rede. Aber was noch nicht ist, kann ja noch kommen. Wir haben jüngst unserer "Sicherheit" die Bäume und Sträucher im Neuenheimer Feld geopfert. Sind unsere Bürgerrechte mehr wert als das letzte Grün in einer Wüste aus Beton, Stein und Glas? |
Diese Seite darf unter der GNU FDL (auch verändert) weiterverbreitet werden. Näheres in unserem Impressum.
Erzeugt am 14.02.2001
unimut@stura.uni-heidelberg.de