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UNiMUT aktuell: Multimediagesetz

Multimediagesetz (30.7.97)

In zwei Tagen ist es soweit: Die Anarchie im Internet hat ein Ende, der Standort Deutschland gewinnt massiv an Attraktivität. Oder so ähnlich. Jedenfalls tritt das "Multimediagesetz" in Kraft, mit dem die Koalition versucht, die "Zukunftstechnologie" Internet kommerziell interessanter und etwas seriöser zu machen. Zudem im Vergleich mit Bestrebungen in den USA (Stichwort Communication Decency Act, der jüngst vor dem obersten Bundesgericht durchfiel) ist unser Multimediagesetz in der Tat relativ liberal, so gibt es kein Kryptographieverbot, und auch die Haftung von Anbietern für die Inhalte auf ihren Servern könnte schlimmer sein.

Der letzte Satz lässt aber schon Böses ahnen: Provider sind zwar eigentlich nur für eigene Inhalte verantwortlich, haben aber, soweit ihnen von böse Dinge bekannt werden, "deren Nutzung zu verhindern," wenn das technisch möglich ist. Immerhin gilt das cachen von Daten lediglich als Zugangsvermittlung und nicht als Bereitstellung eines eigenen Angebots. Und so kommt auch schon Kritik von der Industrie, IBM etwa ließ verlauten, Regelungen wie diese ließen es reizvoll erscheinen, die "Intelligenz" des Providers im Ausland sitzen zu lassen. Arme Arbeitsplätze in der BRD.

Es bleibt abzuwarten, ob das Multimediagesetz viele Konseqenzen hat -- durch die Regelung von Kommerzthemen wie Telebanking, "virtuellen" Arbeitsplätzen oder Rechten an Datenbanken könnte das Gesetz durchaus wichtig werden. Andererseits weiß aber noch niemand so genau, wofür es eigentlich gilt: Der UNiMUT aktuell etwa könnte ebensogut in die Regelungskompetenz des Medienstaatsvertrags der Länder fallen.

Eine Wirkung mag das Gesetz schon gehabt haben: Analog zur bekannten FSK (nein, nicht Fachschaftskonferenz, sondern Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) haben etliche hochkarätige Dienstanbieter (etwa die Telekom, Leo Kirch in Gestalt von Pro Sieben, der Bundesverband Deutscher Zeitschriftenverleger oder das Microsoft Network -- wobei mensch nicht ganz sicher ist, ob die wirklich was anbieten) die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia ins Leben gerufen, an die sich "jeder Bürger [...] wenden kann, um sich über im Internet oder sonstigen Netzen oder über Online-Dienste zugängliche Inhalte zu beschweren." Das ist doch schön, oder?

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Druckfassung

Erzeugt am 30.07.1997

unimut@stura.uni-heidelberg.de