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UNiMUT aktuell: Blind vielleicht, aber nicht taub

Blind vielleicht, aber nicht taub (27.7.97)

Ein kleiner Skandal zieht Kreise. Wir hatten im UNiMUT 123 schon von dem Unmut berichtet, den ein wenig kritischer ruprecht-Artikel über den Landser-Autor Lothar Buchheim in den Kreisen der anarchistisch-gewaltfreien Monatszeitschrift Graswurzelrevolution auslöste. Insbesondere die Analyse eines GWR-Redakteurs, der versuchte, Buchheim anhand seiner U-Boot-Oper "Jäger im Weltmeer" zutiefst faschistisches Gedankengut nachzuweisen, brachte ruprecht wie Autor nachhaltig auf. So nachhaltig, dass Buchheim die GWR wegen Beleidigung anzeigte (dabei spielte, das sollte der Fairness halber erwähnt sein, noch ein weiterer GWR-Artikel eine Rolle).

Da nun die Staatsgewalt vielleicht auf dem rechten Auge nicht sonderlich gut sieht, bestimmt aber mit dem rechten Ohr ganz hervorragend hört, löste diese Anzeige hektische Betriebsamkeit aus. Schon vor einigen Monaten tauchten ein paar Herren des Heidelberger Staatsschutz-Dezernats einfach mal so, quasi ganz privat, im Zentralen Fachschaftenbüro auf und hörten sich dort um. Lag da noch die Vermutung nahe, sie hätten einfach ein paar alte Bekannte wiedersehen wollen (mit einem gelang ihnen das auch), so wird jetzt deutlich, dass es durchaus um mehr ging. Offenbar wurde der betreffende GWR-Mensch in den letzten Wochen observiert, und am 23.7. bekam er in seiner Privatwohnung sowie in der Redaktion Süd der GWR Besuch. Mit einem Durchsuchungsbefehl in der Hand beschlagnahmten zwei Staatschützer und eine Vertreterin der Stadt allerlei "Beweismittel" in der Sache, darunter das "Original" des GWR-Artikels, zwei Expemplare einer Graswurzelrevolution, den auch im ZFB ausliegenden Reader "Ruprechts", "Originalbriefe", etwa auch den oben dokumentieren, und ähnlichen Papierkram. Dafür verletzt staat gern die Privatsphäre seiner Bürger.

Mensch muss sich in der Tat wundern, welche Kopfstände die Staatsgewalt unternimmt, weil sich ein zumindest staatstragender Groschenheftautor missverstanden fühlt. Die GWR versteht das alles schon: Für sie ist Buchheims Anzeige nichts als ein Versuch, "jede antimilitaristische, antisexistische und antifaschistische Analyse seines Buches [...] im Keim zu ersticken."

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Erzeugt am 27.07.1997

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