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UNiMUT aktuell: Klaus von Trotha, BDA

Klaus von Trotha, BDA (24.4.97)

In der heutigen Ausgabe der jungen Welt ist ein Interview mit Josef Siegers, einem der fünf (!) Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zu lesen. Siegers war kürzlich durch ein Plädoyer für eine Novellierung des Hochschulrahmengesetzes aufgefallen, was die jw augenscheinlich inspirierte, mal zu sehen, wie genau Siegers' Fähnlein im vorherrschenden Wind flattert. Natürlich ließ Siegers nichts Weltbewegendes vom Stapel, am lustigsten ist wohl noch der Satz, die "Wirtschaft als Hauptabnehmer der Absolventen" fühle sich "mitverantwortlich für die Inhalte des Studiums und die Qualität der Abschlüsse". Was daraus folgt, ist klar: Die ersten Schritte machen die Kultus- und Wissenschaftsminister aller Länder.

Dass genau diese Klientel viele Ketten zu verlieren hätte, wird insbesondere dann deutlich, wenn mensch die Wortwahl des BDA-Menschen goutiert: Genau analoges könnte mensch auch von Trotha (und übrigens auch vom hochschulpolitischen Sprecher der Grünen, Matthias Berninger) zu hören bekommen. Wer da von wem abgeschrieben hat, dürfte in diesem Fall sonnenklar sein: Herr Trotha, das ist leider die Sechs, weg den Zettel, überlassen Sie Ihren Job doch gleich den Jungs vom BDA.

Zum Beleg: (Vorsicht Tabelle -- wenn euer Browser das nicht kann, gibts jetzt Buchstabensalat)

SiegersTrothaBerninger
In der gegenwärtigen Situation hängen die Hochschulen zu sehr an der Leine der Kultus-Bürokratie. Sie haben zu wenig Freiraum für eigenverantwortliches Handeln und damit zu wenig eigenes Profil.Die Landesregierung beabsichtigt, den Hochschulen des Landes mehr Autonomie und Eigenverantwortung zu übertragen und ihnen dadurch mehr Wettbewerb untereinander und verstärktes Wirtschaftlichkeitsdenken einerseits zu ermöglichen, andererseits aber auch aufzuerlegen. Aufgabe der Hochschulen soll es sein, sich auf ihre jeweiligen Stärken und wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren und eigenständige Profile für ihre Zukunft, gerade auch im internationalen Wettbewerb, zu bilden. Daß Hochschulen mit besonders attraktiven Angeboten dann [nach dem Einräumen von "eigenen Handlungsmöglichkeiten" für die Unis] mit einem möglicherweise kapazitätsüberschreitenden Ansturm interessierter Studierender konfrontiert werden, ist eine erwünschte Folge eines forcierten Wettbewerbs mittels Profilierung...die Neue Hochschulreform steht unter dem Zeichen von Vielfalt, Autonomie und Entregulierung. Wir müssen uns verstärkt von den Bleigewichten der altbackenen sozialdemokratischen Bildungsideologie lösen.
Die einzelnen Studiengänge sind mit vielerlei Inhalten überfrachtet, die Prüfverfahren ziehen sich zu lange hin. Im internationalen Vergleich sind deswegen die deutschen Absolventen viel zu alt, um angemessen konkurrieren zu können. Das Hochschulstudium, insbesondere das an Universitäten, sollte generell gestrafft und stärker als bisher auf das Berufsleben hin orientiert werden. Überflüssiges Spezialwissen sollte aus den Lehrplänen herausfallenDies erfordert - ebenso wie die Dynamik in Wissenschaft und Forschung - Problembearbeitungskompetenzen, Handlungs-, Orientierungs- und Methodenwissen, Wissen um Verfahren der Informationsgewinnung und -verarbeitung und immer weniger spezialisiertes Detailwissen, das schnell veraltet.
An den Hochschulen werden Forschung und Lehre doch oft nur für den Aktenschrank gemacht. Es wird viel zu wenig aus den finanziellen und personellen Ressourcen der Hochschulen herausgeholt. Die Vergabe von Stellen und Mitteln für die Hochschulen sollte in deutlich stärkerem Maße als bisher leistungsbezogen und damit befristet und projektorientiert sein.

Ein transparenter Wettbewerb führt dazu, daß sich die Top-Standorte für alle nachvollziehbar aufgrund der Studierendennachfrage, der staatlichen Unterstützung und erfolgreiche Bewerbungen um neu ausgeschriebene Forschungsvorhaben und Studiengänge herausbilden. Im internationalen Vergleich brauchen wir diese Top-Universitäten. Der Anreiz, etwas besonderes oder gar ein Spitzenstandort zu sein, wird den Wettbewerb zusätzlich beflügeln.
Zwar wird der eine oder andere zu einer bestimmten Hochschule in X-Dorf oder Y-Stadt nicht gehen können, aber er wird ja nicht generell vom Studium ausgeschlossen.Den Hochschulen soll durch eine Änderung des Hochschulrechts die Möglichkeit eingeräumt werden, einen größeren Einfluß auf die Auswahl geeigneter Bewerber bei der Studienplatzvergabe zu bekommen. Danach sollen in diesen Fällen die Hälfte der Studienbewerber nach der Abiturdurchschnittsnote, 40 % nach dem Ergebnis des von der Hochschule durchgeführten Auswahlverfahrens unter dem Aspekt Eignung u durchgeführten Auswahlverfahrens unter dem Aspekt Eignung und Motivation und 10 % nach der Wartezeit zugelassen werden. Es leuchtet unmittelbar ein, daß aufgrund der Vielfalt der föderalen Schullandschaft und der entsprechend unterschiedlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Abiturs sich daraus kein Rechtsanspruch auf einen bestimmten Studiengang ergibt. Noch weniger ergibt sich daraus ein Anspruch auf einen Studienplatz an einer bestimmten Hochschule.
Wer diese Tabelle ergänzen oder verbessern will, ist dazu herzlich eingeladen
Quellen: jw vom 24.4.97, Koalitionsvertrag BaWü 1996, "Berniger-Papier".

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Erzeugt am 24.04.1997

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