Zensurversuch oder einfach nur Hartleibigkeit?
Nichts Böses dachten sich die SiedlungssprecherInnen der Leimener Wohnheime, als sie einen Vertreter der FSK einluden, vor Ort das laufende Treuhandkonto zum Boykott der neuen Studiengebühren des neuen "Verwaltungskostenbeitrags" vorzustellen. Das Ganze sollte wie unzählige Veranstaltungen vorher im Partykeller der Wohnheime stattfinden, und zu dessen Belegung reicht es in der Regel, den Hausmeister zu informieren.
Danach, so die übliche Praxis, hängt mensch Plakate auf und wartet, bis die Studis eintrudeln. Diesmal jedoch passierte kurz vor dem letzten Schritt Ungewöhnliches: Am Tag der Veranstaltung (nämlich am 8.7.) wurde den SprecherInnen ein Fax zugestellt, das zur Sicherheit auch gleich noch allenthalben aufgehängt wurde. Zu lesen stand darauf:
Sehr geehrte Haussprecher/innen,
wir haben erfahren, dass heute, Dienstag, 8.7., ab 20.30, eine öffentliche Versammlung zu dem Thema "Verwaltungsgebühren an den Universitäten des Landes Baden-Württemberg ab dem Wintersemester 2003/04" im Gemeinschaftsraum des Wohnheims stattfinden soll.
Solch eine Veranstaltung bedarf generell einer Genehmigung seitens der Wohnheimverwaltung und muss deshalb rechtzeitig vorher beantragt werden.
Da diese Veranstaltung von Ihnen bei der Wohnheimverwaltung nicht beantragt wurde, ist sie auch nicht genehmigt und kann deshalb auch nicht auf dem Gelände des Wohnheims stattfinden.
Als Heimsprecher/innen sind Sie dafür verantwortlich, dass dieser Anordnung Folge geleistet wird.
Bei Zuwiderhandlung wird sich das Studentenwerk entsprechende Maßnahmen vorbehalten.
Gezeichnet ist diese Ansammlung eher unkonventioneller Behauptungen ("öffentlich"? "generell einer Genehmigung"? "verantwortlich"?) von Gerhard Kryzer, einem Subalternen der Wohnheimverwaltung.
Die Hintergründe dieser Maßnahme sind völlig unklar. Einerseits scheint es unglaublich, dass das Studiwerk hier eine inhaltliche Entscheidung gefällt und mithin einen offenen Zensurversuch unternommen haben soll, zumal es nun wirklich gar kein Interesse an den neuen Gebühren hat. Andererseits ist diese Abweichung von der existierenden und eingespielten Praxis gerade bei einer tendenziell politischen Veranstaltung schon bemerkenswert. Nun, wir wissen es nicht und hoffen auf klärende Worte des Studentenwerks.
Übrigens fand die Veranstaltung schließlich doch statt. Der Wettergott meinte es gut mit den Studierenden, das Wetter war schön, und die Straße ein durchaus geeigneter Ort, um die neuen Gebühren und den Widerstand gegen sie zu diskutieren.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 16.07.2003, 28.07.2003, 03.01.2004