Am 25. Januar 2000, wurde die Belle Etage im honorablen Alten Gebäude des Instituts für "Oriental and African Studies" der University of London (SOAS) im Protest gegen Studiengebühren und für "free education" von den Studierenden besetzt.
Nach einer Vollversammlung, auf der "direct action" zur Unterstützung der Forderungen nach kostenloser Bildung beschlossen wurde, zogen etwa 100 Studis ohne Widerstand der Univerwaltung in deren Büros ein und machten es sich in den bequemen Sesseln der Schlipsträger bequem. Eine Presse-Infostelle wurde eingerichtet und die Forderungen, die im Rahmen der nun schon Jahre andauernden Kampagne "Students United for Free Education" entstanden sind, erneut diskutiert.
Als wir uns gerade über den Text für die Flugis geeinigt hatten - Unsere wichtigste Forderung ist, dass keine Studierenden exmatrikuliert oder vom Bildungszugang ausgeschlossen werden, die ihre Gebühren nicht zahlen können oder wollen; - wir fordern darüberhinaus die Unileitung auf, sowohl sich nicht bereitzuerklären, Gebühren einzutreiben, als auch die Regierung unter Druck zu setzten, Studiengebühren insgesamt abzuschaffen; - ausserdem muss die Unileitung das neue Verfahren rückgängig machen, im Rahmen dessen den Doktoranden volle Gebühren auferlegt werden, selbst wenn sie auf Feldforschung gar nicht an der Uni anwesend sind. Als die Unileitung sich entschloss, richtig durchzugreifen: das Gebäude wurde unter dem Vorwand möglicher Sicherheitsprobleme evakuiert (bis auf den ersten Stock, der nach wie vor in unserer Hand ist), alle Studies dadurch von der Benutzung der Bibliothek ausgeschlossen, und die Lehrveranstaltungen für den Rest des Tages abgesagt.
Eine Räumungsklage - offenbar von langer Hand vorbereitet, denn "Besetztung" lag in der Luft - segelte nach dreieinhalb Stunden durch den Schlitz unter der Tür, und die Polizei zog mitsamt dem Grossteil der etwas desorientierten Studies von dannen. Am Freitag wird die Gerichtsverhandlung stattfinden, bis zu der die Unileitung keine legale Möglichkeit hat, die Besetzung zu beenden.
Bis jetzt (26. 1., 4.32 a.m.) konnten die BesetzerInnen allerdings die Kontrolle über jeder Zeit mindestens einen Zugang in das besetzte Gebäude offen halten, und UnterstützerInnen aus anderen Londoner Hochschulen haben sich bereits in die Aktion eingeklinkt.
DIE REAKTION DER UNILEITUNG ZEIGT, DASS SIE VOR UNSERER STÄRKE DURCH KOLLEKTIVE AKTIONEN ANGST HAT. DIE SOAS-BESETZUNG VOR ZWEI JAHREN HAT GEWONNEN, DIE BESETZUNG IM GOLDSMITH COLLEGE IM LETZTEN JAHR HAT GEWONNEN,UND WIR KÖNNEN AUCH JETZT WIEDER GEWINNEN!
Hier kommt noch eine kurze Zusammenfassung des Hintergrundes: worum gehts es im Kampf für ein sozial gerechtes britischen Bildungssystem?
Die Probleme beginnen etwa vor etwa zwölf Jahren, als sämtliche Gebühren der Hochschulen (die ja alle formal privat sind) und die Lebenshaltungskosten noch von der Regierung getragen wurden und alle Studierenden während der Ferien Sozialhilfe bekommen konnten. Mit der Privatisierung des Wohlfahrtsstaates mussten zunächst die Wohngeldzuschüssen und andere Vergünstigungen dran glauben, dann wurden die Förderungen eingefrohren: die Gebühren (fees) stiegen weiter, aber die Zuschüsse (grants) wurden eingefroren (die ja auch den Lebensunterhalt decken sollten). Also wurden den Studierenden vom Jahr 1994 an Dahrlehen angeboten - schafft eins, zwei, viele Kleinunternehmer - im Rahmen von etwa 1000 Pfund im Jahr. Seitdem reichen die "grants" weniger und weniger zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus, weshalb praktisch alle Studierenden aus Familien mit niedrigen Einkommen auf die Resource "Darlehen" zurückgreifen!
Mit dem Beginn des akademischen Jahres 1998 wurde die Deckung der Gebühren durch staatliche Finanzierung teilweise eingestellt. Seitdem müssen alle Studis mit "genügend" money selbst ihre fees zahlen. Im letzten Jahr ist die öffentliche Finanzierung der Studiengebühren vollständig eingestellt worden. Das bedeutet, Studierende an Hochschulen im United Kingdom zahlen seit dem Studiengebühren, wenn ihre Eltern zuviel verdienen. Unterstützung zum Lebensunterhalt gibt es überhaupt nicht mehr, und Dahrlehen sind an die Einkommen der Eltern gekoppelt.
Es ist nun also abzusehen, dass sowohl die Studiengebühren in Rahmen des "freien Bildungs-Marktes" sprunghaft steigen werden, als auch die Teilfinanzierung für ärmere Studierende einfach eingestellt werden wird. Im grossen und ganzen scheint mir die Entwicklung durchaus mit der deutschen Situation vergleichbar: nach und nach wird das Bildungssystem "liberalisiert", um mit den Protesten gegen den Kahlschlag im Bildungssystem mithalten zu können.
Tobi (SOAS for Free Education; soasforfreeeducation@yahoo.com)
In der im Rahmen des Protestes gegen Studiengebühren am vorhergehenden Dienstag besetzte Verwaltungsetage befanden sich zur Zeit der Räumung etwa 50 Personen. Trotz eines Gerichtsbeschlusses vom Freitag (28.1.), der die Besetzung für rechtswidrig erklärte, rechneten wir nicht mit einer Durchsetzung der Räumungsverfügung. Denn sowohl die in SOAS beschäftigten Angehörigen der Gewerkschaft der öffentlichen Angestellten an Univeritaeten (UNISON) als auch die LehrerInnengewerkschaft (AUT) hatten ihre Unterstützung zugesagt und der Universitätsverwaltung von einer Eskalation abgeraten. Ein Delegierter der UNISON befand sich zum Zeitpunkt der Räumung vor Ort.
Dennoch drangen am frühen Samstag-Morgen drei Gerichtsvollzieher, unterstützt von etwa 30 Polizisten, in die besetzten Raeume ein. Die überraschten BesetzerInnen leisteten keinen Widerstand. Weiter Informationen und Updates gibt es unter: http://www.Alternatives.cc