Alternde große Männer neigen dazu, sich durch große Taten zu verewigen. Bei unserem scheidenden Rektor Peter Ulmer ist diese große Tat vor allem die Einrichtung eines "biochemischen Zentrums" (vgl. die Artikel in UNiMUT 98 und UNiMUT 104) -- wobei immer noch nicht raus ist, ob daraus was wird, denn so ein Zentrum kostet natürlich viel Geld und braucht viele Stellen. Sorge um unser neues Zentrum ist aber wohl nicht angezeigt, für Taten von diesem Kaliber findet sich im Landeshaushalt immer Geld, auch viel Geld. Aber ein Bauernopfer sollte mensch von einem großen Mann schon erwarten können.
Für dieses Bauernopfer hat Herr Ulmer die Pharmazie im Auge, die mit rund 500 Studis kleinste Fakultät der Uni, deren Chef zudem demnächst emeritiert wird. Mangelnde Effizienz in der Forschung wirft der Rektor dem Laden vor und mangelnde Kooperation mit anderen Instituten; da hilft es dann auch nichts, dass die Studis im großen Durchschnitt mit der Regelstudienzeit auskommen. Die Professoren der Fakultät haben zwar einen zweiseitigen offenen Brief verfasst, in dem sie diese Vorwürfe widerlegen, aber wirklich retten wird sie das nicht, zudem die Widerlegung auch nicht ganz stichhaltig ist.
In der Tat wird die Pharmazie schon seit Ende der achziger Jahre konsequent abgerüstet, die Abwicklung ist seit mindestens zwei Jahren die Pharmazie ziemlich offene Politik des Rektorats, was etwa daran zu sehen war, dass Drittmittelanträge der Pharmis, die über die Forschungskommission des Senats liefen, gar nicht abgestimmt wurden: Die Zukunft der Fakultät war ja so unsicher... Unter solchen Umständen ist die Kritik des Rektors natürlich auch etwas unredlich.
Am 13.3. jedenfalls hat der Verwaltungsrat über die Zukunft der Pharmazie abgestimmt, und nach dem oben Gesagten dürfte es keineN überraschen, dass er die Abwicklung der Pharmazie bis zum Jahr 2002 beschlossen hat. Und so ist es auch nur noch Formsache, dass sich der Senat in seiner heutigen Sitzung diesem Votum anschließt. Immerhin hatten sich aus Anlass dieser Abstimmung gut 50 Studis und Angestellte der Pharmazie vor der Alten Uni eingefunden und versuchten mit Trillerpfeifen, Papier und Transpis die SenatorInnen noch in letzter Sekunde zu einem pharmaziefreundlichen Abstimmungsverhalten zu bewegen. Dafür siehts aber schlecht aus: Es ist nicht überliefert, wann der Rektor das letzte Mal eine Abstimmung im Senat verloren hat. In fünf Jahren dann: Pharmazie ade!
Nachtrag (18.3.97): Wunder geschehen immer wieder. Entgegen aller Tradition und der oben geäußerten Vorhersage hat der Rektor die Abstimmung im Senat mehr oder weniger verloren; die Beschlusslage ist, dass Pharmazie, Medizin und Chemie bis Mai ein Konzept vorlegen sollen, ob und wie es mit der Fakultät weitergehen soll. Ob das mehr ist als eine Gnadenfrist, darf allerdings bezweifelt werden, denn neue Studis werden bei den Pharmis erst mal nicht mehr zugelassen.
Nachtrag 2 (19.3.97) Im Zusammenhang mit diesem Halb-Querschläger aus dem Senat ist vielleicht noch interessant, dass Ulmer in einem Pressegespräch gestern hat verlauten lassen, die Entscheidung des Senats sei lediglich darauf zurückzuführen, dass die Senatsmitglieder unzureichend informiert gewesen seien. Das ist Demokratieverständnis, wie wir es lieben.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 20.01.1999